20 Jahre Geschichtswerkstatt Achim
Geschichtsforschung aus der Sicht der Betroffenen
An Achim im III. Reich schieden sich die Geister!

von

Karlheinz Gerhold

Achim. Am 1. Oktober 1986 gründeten 22 an der Regionalgeschichte Interessierte unter Leitung von Hobbyhistoriker Karlheinz Gerhold im Gasthaus am Badener Berg den Verein für Regionalgeschichte Achim, der sich dann kurze Zeit später Geschichtswerkstatt nannte. Vorausgegangen war eine Initiative der Stadt, die durch mehrere ABM-Kräfte unterstützte Arbeitsgruppen zur Erforschung der Regionalgeschichte ins Leben gerufen hatte. Daraus sollte sich ein Heimat- und Geschichtsverein konstituieren, der sich die Erforschung der lokalen Geschichte auf die Fahne schreiben sollte. Doch es kam anders.

An der Frage, ob auch das Thema "Achim im III. Reich" und die Zeit des Nationalsozialismus erforscht werden sollten, schieden sich die Geister. In der Art eines Tribunals teilten die späteren Gründer des Heimatvereins Achim dem Vertreter der Arbeitsgruppe Geschichtswerkstatt Karlheinz Gerhold im Haus Clüver mit, dass man den Faschismus ausklammern wolle, um nicht Nachfahren der Achimer Nazis zu düpieren.

Doch gerade diese Phase der deutschen Geschichte zu erforschen und ihre Auswirkungen vor Ort zu dokumentieren, war und ist nach wie vor eines der Hauptanliegen der bundesweiten Geschichtswerkstattbewegung, die seit den 80er Jahren neue Wege der Geschichtswissenschaft und ihrer Rezeption beschritt.

Dieser Bewegung, die aus der Sicht der Betroffenen, der Bevölkerung, der kleinen Leute die Auswirkungen der "großen Politik" analysieren will, fühlt sich die Geschichtswerkstatt Achim bis heute verbunden. Ihr Motto "Grabe, wo du stehst!" ist bis heute Leitmotiv des Vereins.

So kam es also am 3. September 1986 zum Zerwürfnis mit den Vertretern des im Aufbau befindlichen Heimatvereins. Die Arbeitsgruppe Geschichtswerkstatt, die bis heute die Geschichte Achims im III. Reich als eines ihrer Schwerpunktthemen ansieht, wurde aufgefordert, die gemeinsame Planungsgruppe des noch zu gründenden Heimatvereins zu verlassen und eigene Wege zu gehen. Seither erforschen zwei Vereine mit unterschiedlichen Ansätzen und Zielvorstellungen die Achimer Regionalgeschichte. Aus heutiger Sicht sicher ein großer Glücksfall, der die Pluralität unserer Gesellschaft begünstigt und eine gegenseitige Behinderung der Arbeit verhinderte. Im Gegenteil: Heute bestehen gute vereinsübergreifende Kontakte; vor allem durch die gute Zusammenarbeit der beiden ehrenamtlichen Stadtarchivpfleger Günter Schnakenberg vom Heimatverein und Karlheinz Gerhold von der Geschichtswerkstatt.

Die Vereinsgründung der Geschichtswerkstatt selbst erfolgte am 1. Oktober 1986 im Gasthaus am Badener Berg, das bis zum Einzug im 1. Obergeschoss des Hauses Clüver im Jahre 1990 als Vereinslokal des jungen Vereins diente. Als fünfköpfigen Vorstand wählte die Gründungsversammlung Karlheinz Gerhold (1. Vorsitzender), der mit kurzer Unterbrechung bis heute die Vereinsgeschicke führt, Ingeborg Oelkers (2. Vorsitzende), Hans-Georg von Horn (Kassenverwalter), Wolfgang Meyer (Redaktionssprecher) und Christian Just (Schriftführer). Seit ihrer Gründung hat die Geschichtswerkstatt das Achimer Kulturleben und die Regionalgeschichtsforschung durch unzählige Vortragsveranstaltungen, Ausstellungen, Exkursionen, Ferienspaßangebote und Veröffentlichungen bereichert.
Gern berichtet Vereinschef Gerhold von seiner Gründungslegende: "Als junger Student der Geschichte an der Bremer Uni bemühte ich mich um Literatur zur Achimer Geschichte. Die Antwort des Achimer Buchhandels damals Anfang der 80er lautete: Bücher zur Achimer Geschichte musst Du selber schreiben - da haben wir nichts!"

Und genau das hat die Geschichtswerkstatt gemacht und gefördert. Allein mit den Achimer Geschichts-Heften liegen elf Ausgaben voller historischer Fakten und Infos zur lokalen Historie vor. Heft XII der Achimer Geschichts-Hefte wird noch dieses Jahr erscheinen.
Etliche Monographien runden heute das Angebot an Fachliteratur ab, darunter viele Werke, mit denen die Geschichtswerkstatt Pionierarbeiten leistete. Hervorzuheben sind insbesondere der Stadtrundgang durch 5 Jahrzehnte jüngerer Stadtgeschichte, der aus Anlass der 50-Jahr-Feier der Stadtrechte 1999 in Zusammenarbeit mit dem Achimer Kreisblatt im Verlag Atelier im Bauernhaus Fischerhude unter dem Titel "Bilder aus dem Leben einer Stadt - 50 Jahre Stadt Achim" erschien.
Als größten Erfolg verbuchte der Verein 2005 die große Ausstellung "Leben in Achim vor 60 Jahren", die 1.200 Besucher ansahen!

Zahlreiche Details zur Regionalgeschichte finden sich auf der professionell vom Webmaster Hartmut Nill gestalteten Internet-Seite
www.geschichtswerkstatt-achim.de.

Der aktuelle Vorstand, bestehend aus Karlheinz Gerhold (1. Vorsitzender), Elke Gerbers (2. Vorsitzende), Reiner Aucamp (Kassenverwalter), Edith Bielefeld (Schriftführerin), Karl Heinz Hildebrandt (Redaktionssprecher) und Gisela Galle, Heinz Kuhlmann und Helmut Cyriacks als Beisitzer, plant für den 10. Oktober 2006 in Gieschens Hotel eine Festveranstaltung aus Anlass des 20-jährigen Bestehens.

Das aktuelle Jahresprogramm übersendet der 1. Vorsitzende Karlheinz Gerhold, Mohnblumenweg 15, 28832 Achim, Tel. 71805, gerne.

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