Aus dem Achimer Kreisblatt vom 17. Januar 2007:

Die Stunde der Wiedergeburt
Am 22. Januar 1947 besiegelten die Amerikaner die bremische Eigenständigkeit / Festakt am Montag
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on Jörg Esser

BREMEN. Es ist ein runder Geburtstag: Das Land Bremen wird am kommenden Montag, 22. Januar, 60 Jahre alt. Und das wird gebührend gefeiert - ab 11 Uhr mit einem Festakt und 500 Gästen im Rathaus. Festredner sind unter anderem Alt-Bürgermeister Hans Koschnick und der ehemalige US-Botschafter in Deutschland, John Christian Kornblum.
Mit der "Proklamation No 3" der US-Militärregierung wurde am 22. Januar 1947 die bremische Eigenständigkeit wiederhergestellt. Der Kommandierende General der amerikanischen Streitkräfte in Europa und US-Militärgouverneur für Deutschland, Joseph T. McNarney, verfügte mit jenem Dokument, dass "ein von nun an als Land bezeichnetes und unter einer Landesregierung stehendes Verwaltungsgebiet gebildet wird: Bremen - bestehend aus der Stadt Bremen, dem Landgebiet Bremen und dem Stadtkreis Wesermünde, einschließlich Bremerhaven". Die Freie Hansestadt Bremen war als selbständiges Land wiedergegründet. "Das war eine Anknüpfung an eine jahrhundertealte Tradition", sagt der heutige Senatspräsident Jens Böhrnsen (SPD). Die Nazis hatten den Bremern 1934 ihre Freiheit genommen - und sie gemeinsam mit Oldenburg einem Reichsstatthalter unterstellt, Bremerhaven wurde dem preußischen Wesermünde zugeschlagen.

Die Wachtstraße 1947

Vor 60 Jahren: Die Wachtstraße mit Blick auf die Börsenruine und den Dom.

Befreit worden ist Bremen im April 1945 von britischen Truppen. Doch die Amerikaner hatten sich längst die Hansestadt und einiges an Umland als Enklave ausgeguckt. Und sie brauchten einen seegängigen Hafen für den Truppennachschub. Der legendäre Bürgermeister Wilhelm Kaisen (SPD) nutzte die "historische Chance", Bremen als Zwei-Städte-Staat wiederherzustellen, sagte der Leiter des Staatsarchivs, Dr. Konrad Elmshäuser, gestern vor Journalisten. Im Gespräch war auch, aus Bremen ein kleines Flächenland, einen Unterweser-Staat, zu machen. Andererseits hatte Niedersachsens Regierungschef Hinrich-Wilhelm Kopf (SPD) ein Auge auf Bremerhaven geworfen. Doch Kaisen blieb unnachgiebig, der Pflock war eingeschlagen.
Pünktlich zum 60. Geburtstag hat das Staatsarchiv die zur 50-Jahr-Feier erschienene Dokumentensammlung "Occupation - Enclave - State, Die Wiederbegründung des Landes Bremen nach dem Zweiten Weltkrieg" neu aufgelegt und überarbeitet. Darin wird an die harten Wintermonate von Januar bis März 1947 erinnert, in denen wegen der anhaltenden Kälte und der Kohlenknappheit die Schulen geschlossen blieben. Um Schulspeisungen geht es, um die Eröffnung von Wärmehallen, zensierte Reden von Wohlfahrtssenator Wilhelm Wolters (erst KPD, dann SPD), um CARE-Pakete und Kohlenklau am Bahndamm. Auch die Anfänge des wiedererwachenden kulturellen Lebens werden skizziert. Im Theater wurde "Der Geizige" von Moliere aufgeführt - eine Hauptrolle spielte ein junger Schauspieler, der später zu Weltruhm gelangte - Hans-Joachim Kulenkampff alias "Kuli".
Die 192-seitige Dokumentensammlung ist für zehn Euro über den Bremer Buchhandel und im Staatsarchiv erhältlich.

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