Informationen zum KZ - Außenlager Uphusen

Jüdische Zwangsarbeiterinnen in Uphusen und Uesen

In Uphusen wurde noch kurz vor Kriegsende im Februar 1945 ein Arbeitslager eingerichtet, in dem ungarische und polnische Jüdinnen zum Einsatz für den Bau von Behelfswohnheimen für die ausgebombte Bevölkerung in Uphusen selbst und in Uesen untergebracht wurden.

Wer waren sie und woher kamen sie?

Am 19. März 1944 überfiel Hitler-Deutschland Ungarn, obwohl Ungarn bis zu jenem Zeitpunkt mit dem Deutschen Reich verbündet gewesen war. Begründet wurde dieser Überfall mit dem angeblichen Zweifel an der Bündnistreue Ungarns, ein handfestes Motiv dabei war aber auch der akute Bedarf an Arbeitskräften in der Rüstungsindustrie. So forderte man unmittelbar nach der Besetzung Ungarns jüdische Arbeitskräfte für die deutsche Kriegsindustrie an.

Aber auch der im schon schwer zerstörten Deutschland nun besonders geforderten Baubranche fehlte es an den notwendigen Arbeitskräften. Am 22. Mai 1944 ergriff der Reichswohnungskommissar und Sonderbeauftragte für das Deutsche Wohnungshilfswerk die Initiative und ordnete gegenüber den Gauwohnungskommissaren an, den Bau von Behelfsheimen für ausgebombte Familien und Volksdeutsche mit allen Mitteln voranzutreiben. Als Arbeitskräfte wurden neben den Volksdeutschen auch Fremdstämmige, Lothringer, Elsässer, Slowenen, Polen und Juden verpflichtet. Juden mussten laut Anweisung in Konzentrationslagern untergebracht werden. Deshalb wurden entsprechende Lager ausgebaut und die Bewachung der Insassen sichergestellt.

500 jüdische Frauen aus Ungarn kamen zuerst in die Ställe bei der Hindenburgkaserne in Bremen und dann in das Lager Obernheide, einem Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme. Sie waren seit dem 28. Mai 1944 zunächst in das Konzentrationslager Auschwitz/Birkenau transportiert, dort dann als für den Arbeitseinsatz tauglich ausgesondert und ins Deutsche Reich gebracht worden. Am 28. August 1944 kamen noch 300 polnische Jüdinnen hinzu. Die Bremer Zwangsarbeiterinnen wurden von SS-Soldaten bewacht. Auch Frauen gehörten zu den Aufseherinnen.

Die jüdischen Frauen wurden als Hilfsarbeiterinnen eingestuft. Der Bremer Bausenator, für den sie arbeiteten, musste 4 Reichsmark pro Tag an das Konzentrationslager Neuengamme zahlen. Unternehmen, die Häftlinge ausliehen, zahlten 60 Reichspfennige pro Arbeitsstunde und Arbeiterin.


Die Einrichtung des Außenlagers Uphusen

Zuerst wurden die für den Einsatz in Uphusen und Uesen bestimmten Zwangsarbeiterinnen täglich auf einem offenen Wagen vom Lager Obernheide zu ihren Arbeitsstellen gebracht. Wegen der langen Fahrtzeit und weil sich abzeichnete, dass bei dem zunehmenden Fahrzeug- und Treibstoffmangel der Transport der Häftlinge bald unmöglich werden würde, strebte der Bremer Bausenator an, eine der Baracken des bereits zuvor bei der Firma Rodieck in Uphusen bestehenden Fremdarbeiterlagers für die Unterbringung von 200 KZ-Häftlingen einzurichten. Dazu beantragte er am 11.10.1944 beim zuständigen KZ Neuengamme, diese Baracke als Außenlager zu deklarieren, wobei seine Behörde die für die Absicherung notwendigen Arbeiten selbst ausführen ließ.

Unter welchen Umständen arbeiteten sie?

So wurden nun also circa 200 Jüdinnen am 7.2.1945 aus dem Nebenlager des KZ Neuengamme in Obernheide nach Uphusen umquartiert. Sie mussten in dem Betonwerk Rodieck arbeiten, in dem Formen für Steine und Platten angefertigt, Betonsteine gegossen und Pressplatten aus Split hergestellt wurden. Die Baracke, in der die Jüdinnen untergebracht waren, lag direkt neben dem Fabrikgelände im Bruchweg. Es war eine lange Steinbaracke, die von einem hohen Zaun umgeben war. 5 SS-Mannschaften bewachten das Lager. Überlebende berichten, dass die Mannschaften sie wenig schikanierten – sie waren Schlimmeres gewohnt. Es gab hier auch mehr und besseres Essen. Dieses kam aus dem Gemeinschaftslager der Deutschen Arbeitsfront in Bremen-Sebaldsbrück und entsprach dem, was auch Fremdarbeiter erhielten.

Dennoch litt ein Großteil der Häftlinge unter Entkräftung und wegen der z.T. unzureichenden Bekleidung. Der Bürgermeister der Stadt Achim, Johann Brinkmann, verweigerte dem Lager zudem auch die Unterstützung mit zusätzlich erbetenem Brennmaterial zum Heizen.
Gedenkstein am Bruchweg in Achim-Uphusen
Gedenkstein am Bruchweg in Achim-Uphusen
Photo: Marcus Pfeifer
Arbeit in Uesen

40 jüdische Zwangsarbeiterinnen aus dem Außenlager Uphusen mussten jeden Tag zu Fuß durch Achim nach Uesen gehen – das sind 5 Kilometer am Morgen und 5 Kilometer am Abend. In Uesen – am heutigen Uesener Mühlenweg/Richtweg – arbeiteten die Frauen für den Bauunternehmer Dietrich Rohlfs. Rohlfs hatte seit 1942 an wichtigen Projekten der Kriegswirtschaft gearbeitet. Da es nun aber keine privaten Bauvorhaben im Bereich Wohnungsbau mehr gab, beauftragte ihn die Bremer Baugewerken-Innung mit dem dringend notwendigen Bau von Behelfswohnheimen. So machte das NSDAP-Mitglied durch Ausbeutung billiger Arbeitskräfte Gewinne.

Wenn auch die überlebenden Zwangsarbeiterinnen nichts Schlechtes über Rohlfs persönlich berichten, sah ihr Arbeitstag trist aus: In Uesen mussten sie von morgens bis abends Sand in Loren füllen und diese schweren Loren zur Baustelle schieben. Hier wurden nämlich eine Zufahrtstraße sowie Fundamente für 100 Behelfsheime für Ausgebombte hergestellt.

Zu einem Zwischenfall kam es aber einmal, als sich SS-Aufseherinnen im kalten Winter in den Baracken wärmten, während die nur unzureichend bekleideten Zwangsarbeiterinnen draußen arbeiten mussten. Rohlfs und sein Polier Stührmann beschwerten sich deshalb bei den SS-Aufseherinnen und argumentierten, dass auf diese Weise der Auftrag, Wohnungen für Ausgebombte herzustellen, sabotiert werde. Die Aufseherinnen gaben schließlich nach. Die Zwangsarbeiterinnen durften ihre Jacken und Mäntel anziehen – wenn sie denn welche hatten. Abends im Lager aber rächen sich die Aufseherinnen – der Appell dauert besonders lange.

Weitere Reaktionen der Umwelt in Uphusen und Uesen

Das Stammpersonal der Firma Rodieck versuchte den Zwangsarbeiterinnen ihr Leben durchaus zu erleichtern. Indessen beschwerte sich aber Eduard Lüning, der Inhaber der Betonsteinwerke Lüning und Sohn in Bremen, über die schlechte Arbeit der Jüdinnen, die in Friedrich Rodiecks Betonwerk arbeiteten. Daraufhin setzte Rodieck durch, dass kranke Frauen im Revier bleiben dürfen, denn sie waren zum Arbeiten nicht geeignet.

Die Bevölkerung von Uphusen ignorierte die Anwesenheit der Jüdinnen in ihrem Ort weitgehend, obwohl sie direkte Einsicht in das Lager hatte.

Die für Uesen bestimmten Häftlinge wurden auf ihrem täglichen Fußmarsch zu ihrem Einsatzort von der SS angetrieben. Die Bevölkerung in Uphusen, Achim und Uesen sah sie, beschimpfte sie teilweise. Einige Einwohner ereiferten sich auch immer wieder, die Frauen mit Steinen zu bewerfen.

Das Ende 1945

Ende März/Anfang April 1945 zeichnete sich die deutsche Niederlage bereits spürbar ab - dieser Realität mussten sich nun auch die verbohrtesten Nationalsozialisten stellen - und feindliche Truppen drohten das Bremer Gebiet zu erreichen. Nun wurden die KZ-Häftlinge gezwungen, die umkämpften Gebiete bereits wieder zu verlassen. Auch die Jüdinnen aus Obernheide mussten sich zu Fuß auf den Weg machen. Sie gingen über Uesen nach Uphusen, wo sie auf die Frauen am Bruchweg trafen. Mit ihnen zusammen wurden sie zurück nach Uesen und dann nach Etelsen getrieben. Sie sollten täglich 30 Kilometer laufen, aber bei dem Gesundheitszustand der Frauen war dies nicht möglich. Auch mussten immer wieder Umwege gemacht werden, da der Frontverlauf sich ständig veränderte. Sammelstelle war Verden. Von dort ging es auf Umwegen und z.T. dann auch mit der Bahn zum Konzentrationslager Bergen-Belsen, wo die Frauen am 5.4.1945 eintrafen. In dem bereits verwahrlosenden Lager begegnete ihnen eine weitere Todesgefahr in Gestalt einer grassierenden Typhus-Epidemie. Die überlebenden Frauen wurden am 15.4.1945 befreit.


Literatur: Hartmut Müller: "Die Frauen von Obernheide", Donat-Verlag, 1988.
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