Aus dem Achimer Kreisblatt vom 26. Oktober 2013

Hausnummern nach sozialen Klassen
Reinhard präsentiert viele interessante Einzelheiten zu seinem Heimatort Bollen

Bollen. Der Bollener Reinhard Dietrich hat ein interessantes Buch mit vielen Fotos und Einzelheiten von seinem Heimatort veröffentlicht. Wir berichteten bereits. Bollen gibt es seit etwas mehr als 900 Jahren, weshalb es sich auch in die Geschichte eingegraben hat. In einer nicht mehr genau zu datierenden Urkunde aus den Jahren 1110 oder 1111 wird Bollen im Zusammenhang mit einem Güteraustausch zum ersten Mal urkundlich erwähnt.
Bollen war immer ein kleines beschauliches Dorf und ist es auch geblieben, wie er schreibt. Nach einer Volkszählung vom 19. Oktober 1757 hatte Bollen 150 Einwohner. Nach dem Krieg explodierte die Einwohnerzahl durch Vertriebene und Flüchtlinge auf fast das Doppelte der Vorkriegszeit (1939 196, 1949 384 Einwohner, darunter 192 Vertriebene), um sich dann 1960 mit 257 und 2012 mit 214 ungefähr wieder auf das Maß der Vorkriegszeit einzupendeln.

Gastwirtschaft Harms

Diese Gastwirtschaft wurde 1913 auch als Fähr- und Hirtenhaus gebaut, bewohnt von der Familie Harms. Von 1914 bis 1963, bis zum Abriss aller Häuser auf dem Bollener Esch, gab es in dem heutigen Bollener Gebiet drei Gaststätten: Im Zentrum den heutigen "Bollener Dorfkrug", das Gast- und Fährhaus an der Weser, die spätere "Strandhalle", und die Gastwirtschaft von Osmers, der spätere "Osmers Sommergarten", heute "Deichkind". Die zuletzt genannte Gastwirtschaft gehörte bis 1929 zur Gemeinde Mahndorf, wurde dann nach Bollen eingemeindet.

Die Dörfer waren früher nach sozialen Klassen organisiert. Seit Jahrhunderten gab es die Bauleute und Kötner. Anfang des 18. Jahrhunderts kamen Brinksitzer, Mitte des 19. Jahrhunderts Anbauer und weitere Bürger dazu. Entsprechend ihrer sozialen Klassifizierung, später nach ihren steuerlichen Beiträgen, hatten sie bis zum Sturz des Kaisers 1918 unterschiedlich viel Macht. So wurde zum Beispiel in Bollen auf einer Gemeindeversammlung am 2. April festgelegt, dass jeder Baumann mit 42, jeder Kötner mit 6, jeder Brinksitzer mit 3, jeder Anbauer und jeder Häusling (zum Beispiel Hirten) mit einer Stimme in der Gemeindeversammlung abstimmen dürfe. Auf diesem Machtverhältnis aufbauend wurden auch die Höfe-Nr. vergeben. Die Baumänner hatten in Bollen die Nummern 2 bis 12, die Kötner die Nummern 13 bis 26, die Brinksitzer die Nummern 27 bis 31, die Anbauer, Hirtenhäuser und sonstigen Gebäude die Nummern 32 bis 46.
Seit 1700 gibt es in Bollen Schulbetrieb mit einem Lehrer. Die ersten Jahre fand der Unterricht noch in einer Gastwirtschaft statt. Eine eigene Schule wurde 1731 gebaut. Bis zur Schließung der Schule zum 30. November 1966 blieb der Standort derselbe: Heute Bollener Deich 2. Da diese Schule seinerzeit als Gemeindeeigentum von allen Bollener Steuerpflichtigen finanziert wurde, erhielt sie die Nr. 1. Entsprechend beginnt im Buch die ins Detail gehende Darstellung der Häuser und Höfe mit der Schule als Nr. 1 und zahlreichen Klassenfotos.
Da das Dorfleben sich häufig in und um die vorhandenen Gastwirtschaften abspielte und die Gastwirte früher häufig mit Postkarten warben, gibt es in Reinhard Dietrichs Buch viele Abbildungen der Gastwirtschaften. Nach der Darstellung der Höfe- und Hausnummern 1 bis 45 folgen Fotos von Bollener Vereinsaktivitäten - Kriegerverein, Männergesangverein (MGV) "Weserstrand", DLRG - Erntefesten, Konfirmationen und sehenswerte Einzelfotos. Reinhard Dietrichs Buch "Bollen in alten Karten und Ansichten" ist im Buchhandel zu haben.

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