Aus dem Achimer Kreisblatt vom 03. September 2011:

Testgelände zwischen Sandhügeln und Heidekraut
Borgward nutzte Bierdener Binnendünen zur Erprobung schwerer Fahrzeuge

ACHIM. Die Wurzeln des Bremer Automobilimperiums von Carl F.W. Borgward reichen zurück bis ins Jahr 1924. Heute - 50 Jahre nach dem Konkurs der Borgward-Gruppe - sind vor allem Autos wie die Isabella, die Arabella oder der legendäre Leukoplastbomber in der Erinnerung geblieben. Doch entstanden in den verschiedenen Fabriken des Unternehmens auch große Stückzahlen von geländegängigen Lkw und Wagen zur zivilen, behördlichen und militärischen Nutzung. Erprobt wurden diese Fahrzeuge im Dünengelände bei Bierden.
In Erwartung lukrativer Rüstungsaufträge begann man bei Borgward bereits 1933 mit der Konstruktion eines Halbkettenfahrzeuges für den Einsatz abseits befestigter Straßen. Seit 1936 wurde im Sebaldsbrücker Werk eine Drei-Tonnen-Halbkettenzugmaschine gebaut. Das geländegängige Fahrzeug zog bei der Wehrmacht leichte Artilleriegeschütze, Munitionsanhänger, Minenwerfer und Feldküchen. Selbstverständlich mussten diese Fahrzeuge, ebenso wie die verschiedenen, teilweise mit Allradantrieb ausgerüsteten Lkw vor der Serienfertigung erprobt werden. Für diesen Zweck suchte Borgward Mitte der 30er-Jahre ein Testgelände. Er wurde im heutigen Achim-Bierden fündig.
In dem Gebiet befand sich bis kurz vor Beginn des Ersten Weltkrieges eine ausgedehnte Dünenlandschaft. Große Mengen des dort vorhandenen Sandes wurden zum Niveauausgleich bei den innerstädtischen Eisenbahnstrecken in Bremen abgebaut. Was blieb war ein zerfurchtes Hügelareal, das schnell mit Heidekraut und Buschwerk zuwuchs. Für Borgward ein ideales Terrain zur Erprobung seiner Fahrzeuge unter extremen Bedingungen.

Fahrzeugtest

Fahrzeugtest im Bierdener Dünengelände. Foto: Peter Kurze

"Die Teststrecke war für Borgward ideal, lag sie doch in unmittelbarer Nähe zu seinen Fabriken in Sebaldsbrück und Hastedt", erklärt der Bremer Automobilhistoriker Peter Kurze. "Hier wurden fortan vor allem die zivilen Lkw und die Militärfahrzeuge härtesten Praxistests realitätsnah unterzogen.
Für die Wehrmacht produzierten die Bremer Autobauer zwei verschiedene Halbkettenfahrzeuge, den funkgesteuerten Kleinpanzer Goliath, das Fahrgestell eines mittleren Schützenpanzers sowie diverse Prototypen."
Im Zentrum des Areals wurde 1940 eine Flakstellung gebaut. Geschütze der Kaliber 8,8 cm und 10,5 cm wurden hier für den Schutz Bremens vor alliierten Bomberangriffen stationiert. Ein Bunkergebäude mitten im ehemaligen Testgelände zeugt noch heute davon.
Auch nach dem Krieg nutzte der wieder nach oben strebende Borgward-Konzern das Testgelände. "Es wurden wieder Lkw, zum Teil mit Allradantrieb, erprobt. Ebenso militärische Projekte wie der leichte Mannschaftstransporter B 2000 A/O, der Goliath Jagdwagen und die Prototypen zweier Amphibienfahrzeuge", so Peter Kurze. Gegenüber dem Areal errichtete Carl F.W. Borgward 1955 die fortan zum Konzern gehörenden Leichtmetallwerke, heute das Presswerk Uphusen der Hydro Aluminium Extrusion Deutschland.
Bis 1959 wurde in den Bierdener Dünen erprobt. Kurz danach kam mit dem Konkurs das Aus für Borgward und damit auch für die wenig ökologische Nutzung des Testgeländes. Es folgte erneut eine Phase des Sandabbaus. Heute ist es als Naturschutzgebiet ausgewiesen und kann auf speziell markierten Pfaden durchwandert werden.
. Ulf Kaack

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