Aus dem Achimer Kreisblatt vom 06. November 2004:

"Friedhof größer als gedacht"
Grabung an der K 9 geht weiter

DAVERDEN (jw) . "Wir gehen da jetzt gleich mutig mit dem Bagger ran." Archäologen, die mit einem Bagger arbeiten? "Es wurde nichts beschädigt. Wir haben da einen sehr erfahrenen Baggerfahrer", strahlt Kreisarchäologin Dr. Jutta Precht. Aha, also ist jetzt etwas dran, dass unter dem Urnenfriedhof an der Kreisstraße 9 quasi ein zweiter Friedhof liegt, der jetzt frei gebaggert wird?
"Nein. Das ist wirklich nur ein Gerücht. Die Urnen, die wir jetzt finden, sind nicht älter", lautet der Bescheid der Kreisarchäologin.
Schon als man sich den ersten 3.000 Jahre alten Urnen direkt unter der Ackerfurche vorsichtig mit dem Spaten näherte, entdeckte man im Sand Spuren und Hinweise auf tieferliegende Urnen.
Vielleicht hat man vor drei Jahrtausenden seine Toten einfach unterschiedlich tief bestattet. "Denkbar wären auch geographische Gründe", wirft Grabungshelfer Bernd Steffens ein. Vielleicht entstand der Urnenfriedhof auf hügeligem Gelände.
Sicher sind sich die Archäologen, dass der Friedhof zu einer Siedlung gehört, die sie das "Dorf am Goldbach" genannt haben. Wo heute an der Moorstraße die Gasstation der RWE-Dea steht, haben von 1.000 bis 800 vor Chr. und dann noch einmal um 500 vor Chr. Menschen gelebt. Ihre Toten haben sie verbrannt und wenigstens Teile des Leichenbrandes in Urnen bestattet.

Grabungshelfer Bernd Steffens

Bevor Bernd Steffens eine Urne eingipst, wird sie vorsichtig freigelegt. Bei dem Urnenfriedhof in Daverden ist man aber mittlerweile in eine Tiefe gekommen, dass die oberste Sandschicht mit einem Bagger abgetragen wurde.

Dieser Tage vergaben die Archäologen die Nummer 287 für Funde auf dem Acker an der Kreisstraße 9.
Rund 200 Nummern haben Urnen bekommen. Rund 90 Nummern betreffen andere Spuren.
Zum Beispiel Verfärbungen im Sand, die die Wissenschaftler auf Fahrspuren schließen lassen. "Vorgeschichtliche Friedhöfe wurden gern an Fernwegen angelegt." In einer Welt ohne Wegweiser und Landkarten haben die Menschen Orientierungspunkte gebraucht, gibt Dr. Precht zu bedenken. In Daverden liegt zwischen Moor und Geestkante - und einem Weg - der Urnenfriedhof.
"Wir müssen davon ausgehen, dass der Friedhof noch größer ist, als wir bislang gedacht haben." , so Dr. Jutta Precht. Also werden die Archäologen hier noch eine Weile beschäftigt sein und Urnen bergen.
Geöffnet sind bislang die wenigsten dieser Gefäße. "Und es gibt auch nicht eine besonders reiche Ausstattung." Mal ein Bronzepfriem, mal ein Rasiermesser. Die Urne mit den Rädchen drin, die auch in Daverden gefunden wurde, ist da eine absolute Ausnahme.
Man hat auch schon Spuren von Raubgräbern gefunden. "Die haben hier nicht gestern gegraben und auch nicht vorgestern. Das ist so 40, 50 Jahre her", ist sich Jutta Precht sicher. "Es wäre schon spannend zu wissen, was da drin war und wo es abgeblieben ist."
Die strafende Hand des Gesetzes haben die Ausgräber nicht mehr zu fürchten. "Das ist verjährt", lacht die Kreisarchäologin. "Dr. Schünemann hat hier auch schon in den 60ern gegraben und wir wissen genau wo", weiß Precht von der Arbeit des früheren ehrenamtlichen Denkmalpflegers im Landkreis Verden, Detlef Schünemann, zu berichten. "Man sieht, dass da fachmännisch gegraben, wurde. Die Urnen sind übrigens heute im Domherrenhaus, einem Museum, in Verden." Auch Bernd Steffens legt die Urnen vorsichtig frei, gipst sie nach einem von ihm ertüftelten kostensparenden Verfahren ein - und dann geht es ab zur Kreisarchäologie nach Verden. Hier kann man die Urnen logischerweise unter wesentlich besseren Bedingungen öffnen als auf dem Acker in Daverden.
"Wir bräuchten dringend eine Furniersäge", fällt Dr. Jutta Precht da ein. So eine, wo man den Abstand einstellen kann. "Sowas habe ich im Baumarkt noch nicht entdeckt."

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