Aus dem Achimer Kreisblatt vom 21. November 2003:

Zerstörung gerade noch verhindert
Kreisarchäologin Dr. Jutta Precht berichtet in Langwedel von Forschungen zu der "Daverdener Urne mit den Rädchen"

LANGWEDEL (jw) . Wäre der Pflug nur ein paar Zentimeter gegangen..., dann wäre es nichts mit einer bemerkenswerten Entdeckung. "Die Ausgrabung kam hier wirklich der Zerstörung in allerletzter Sekunde zuvor", meinte Dr. Jutta Precht jetzt vor zahlreichen Zuhörern im Langwedeler
Rathaus.
Die Kreisarchäologin war gekommen, um über die berühmte Urne Nr. 58 aus Daverden zu berichten. Die Urne kommt von einem 3000 Jahre alten Friedhof an der Kreisstraße 9 in der Nähe
von Daverden. "Zwischen Güllepott und Schweinestall." Hier graben die Archäologen seit dem Jahr
2000. An die 150 Urnen hat man hier geborgen.
Die landen zuerst gut verpackt auf dem Dachboden des Kreishauses. Immer wenn Zeit und Personal da ist, wird eine Urne von den Archäologen im Innendienst vorsichtig geöffnet und untersucht. Wie Urne Nr. 58. "Eine wie die anderen auch. An ihr war äußerlich nichts besonderes", so Dr. Precht.
Aber das Innere der Urne hatte es in sich. Auf dem Leichenbrand, der Asche eines Toten, lagen vier kleine Rädchen. Ein Fund, wie es ihn in Niedersachsen noch nicht gegeben hat.

Die Daverdener Urne Nr. 58

Die berühmte Daverdener Urne Nr. 58 - von Außen gar nicht mal ungewöhnlich. Das für Wissenschaftler aufregende sind die vier Rädchen, die in der Urne gefunden wurden.

Die Rädchen waren dabei "in einem grauenhaft schlechten Erhaltungszustand" und gaben den Wissenschaftlern gleich mehrere Sachen zu grübeln. Der Friedhof und die Urne stammen aus der Bronzezeit. Aber sind die grau-silbrig scheinenden Räder aus Bronze. Kaum, die wird mit der Zeit eher Grün. Eine Untersuchung ergab: Das verwendete Material besteht zu 92 Prozent aus Zinn, zu zwei Prozent aus Blei.
Den weiteren Inhalt der Urne übergab man einem Anthropologen in Hamburg zur weiteren Untersuchung. Ergebnis: Hier wurde ein kleines Kind, keine dreieinhalb Jahre alt, beerdigt. Woran es starb, ist nicht mehr zu klären.
Was für Rückschlüsse lässt der Fund und der Inhalt von Urne Nr. 58 nach vielen Vergleichen mit anderen Funden in ganz Europa und einiger Detektivarbeit zu?
In der Urne lagen die demontierten Räder eines Wagens, soviel ist sicher. Weitere Überbleibsel des Wagens konnten nicht gefunden werden - aber Platz dafür wäre da gewesen. Die Räder haben nie zu einem Kinderspielzeug gehört. Sie waren nicht stabil genug und konnten gar nicht rollen. Ähnliche Rädchen fand man in der Schweiz. Trotzdem kann man sicher sein, dass die Rädchen in unserer Region hergestellt wurden. Rädchen und Wagen dürften für kultische und religiöse Handlungen benutzt worden sein.
Für wichtige Männer, die sogenannten Priesterhäuptlinge, gab es überaus kostbare Grabbeigaben. Ähnliches findet sich in Kindergräbern - nur aus billigerem, zusammengesetztem Material. Waren diese Kinder einmal für höhere Aufgaben bestimmt?
Auf jeden Fall gab es vor 3000 Jahren im heutigen Niedersachsen einen sozial herausragenden Personenkreis.
Die Menschen saßen nicht allein auf ihrer Daverdener Insel zwischen Moor und Urstromtal. In ihren Bestattungs- und Kultriten, ihrer Religion waren sie Teil eines viel größeren überregionalen
Geschehens und sie hatten zudem weitreichende Handelskontakte.
Detailliert nachzulesen sind die Forschungsergebnisse von Dr. Jutta Precht zur Daverdener Urne Nr. 58 im Heimatkalender für den Landkreis Verden 2004.

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