Aus dem Achimer Kreisblatt vom 29. Juli 2005:

Unpassierbare Wege vor 200 Jahren
Korrespondenz zwischen zwei Bürgermeistern: Karlheinz Gerhold ersteigerte Brief für die Geschichtswerkstatt

ACHIM . Die Geschichtswerkstatt freut sich: Ein frisch ersteigertes Dokument aus dem Jahre 1812 kann jetzt zu den Archiven hinzugefügt werden. Karlheinz Gerhold von der Geschichtswerkstatt berichtet.
Im Zuge der Napoleonischen Kriege war der Norden des Kurfürstentums Hannover im Januar 1810 auf Befehl Napoleons dem "Königreich Westphalen" seines Bruders, des Königs Jerome, einverleibt worden. Mit ihm auch Achim, das fortan als Commune Achim im Canton Achim, dem Bereich des ehemaligen Gohgerichts, damit unter westfälische, also französische Herrschaft kam.
Am 18. März 1810 war in Achim öffentlich die Proklamation des Königs Jerome angeschlagen worden. Die geschlagene hannoversche Regierung hatte in London allen Untertanen und Gohgerichtsbediensteten, empfohlen, sich der neuen Landesherrschaft widerstandslos zu fügen.
So wurden denn auch fast alle Beamten im Rahmen einer mehr oder weniger überraschenden Kontinuität in die Dienste der französischen Besatzer übernommen, allen voran der Achimer Amtsschreiber Heinrich August Wilhelm von Chüden, der 1814 sogar zum ersten Beamten mit dem Titel eines Amtmanns befördert wurde, zudem die neu geschaffene Funktion des ersten Friedensrichters wahrnahm und auch nach der Restauration 1815 weiterhin als Amtmann fungierte, dann allerdings wieder in hannoverschen Diensten im Königreich Hannover.
Am 13. Oktober 1810 verfügte Kaiser Napoleon I im Zuge der Kontinentalsperre die Einverleibung der gesamten Nordseeküste ins Kaiserreich Frankreich. Damit waren die Achimer Eingesessenen direkt französische Untertanen geworden und hatten einen Kaiser als "Landesvater", den sie wohl in erster Linie durch die hohen Steuer- und Kontributionslasten wahrgenommen haben dürften.

Dokument von 1812

Schriftstück aus vergangener Zeit: Der Inhalt des Briefes ist zwar profan, aber für die Geschichtswerkstatt ein echtes Schmuckstück.

Rechtlich entfiel allerdings die bisherige Abhängigkeit der Bauern von der Gutsherrschaft, indem sie sich von der Gutsherrschaft durch die Zahlung einer einmaligen Summe freikaufen konnten. Der Canton Achim untergliederte sich jetzt nur noch in die drei "Mairies" Achim, Baden und Arbergen.
Der Maire (Bürgermeister) des Cantons Achim wurde der Besitzer des Gutes Wiepelnbusch, Herr von der Decken. Maire der unterhalb des Cantons angesiedelten Commune Achim wurde der Hauptmann a. D. J. B. Martens, während der Commune Baden Hauptmann a. D. von Quiter vorstand. Beide hatten bis 1803 als Offiziere in der hannoverschen Armee gedient und waren nun kaiserlich französische Beamte.
Genau aus dieser Zeit stammt ein historisch interessantes Schriftstück, das jetzt ersteigert und ins Archiv der Geschichtswerkstatt Achim aufgenommen werden konnte. Dabei handelt es sich um ein Schreiben vom 1. November 1812, das der Badener Maire, von Quiter am "2. Nov. 5 Uhr morgens" an seinen Kollegen, den Maire von Achim, Martens, übersandte. Hervorzuheben ist dabei der verwendete Stempel "Arrondissement Bremen Mairie Baden", der das Schriftstück zu einem begehrten Sammler-Kabinettstück werden lässt.
Der Inhalt dagegen ist eher profan: Maire von Quiter setzt seinen Kollegen in Achim davon in Kenntnis, dass die Wegeverbindung durch die Marsch von Achim über Baden und Etelsen nach Dörverden nicht passierbar sei und die Fuhrleute daher anzuweisen seien, diesen Weg nicht einzuschlagen.
Die Mairie Achim umfasste Achim, Borstel, Embsen, Bierden, Bassen, Oyten, Uesen, Sagehorn und Einzelhöfe der Umgegend mit zusammen 3.454 Einwohnern, während zur Mairie Baden auch Hagen-Grinden, Daverden, Langwedel, Etelsen, Grasdorf und einige kleinere Nachbarsiedlungen mit zusammen 2.659 Einwohnern gehörten.
Die Mairie Arbergen schließlich war für die insgesamt 1.519 Einwohner von Arbergen, Hemelingen, Mahndorf, Bollen und Uphusen zuständig.

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