Aus dem Achimer Kreisblatt vom 19. März 2011:

Schwellen geben Rätsel auf
Archäologen begleiten Bau der Gasleitung / Scherben und Granatsplitter im Achimer Feld entdeckt

ACHIM (mar) . Riesige Erdwälle ziehen sich derzeit durch den Embser Bruch und das Achimer Feld, wo bald ein Teilstück der insgesamt 440 Kilometer langen Nordeuropäischen Erdgasleitung (NEL) verlaufen soll (wir berichteten). Um den Rohrgraben auszuheben, kommen schwere Bagger zum Einsatz. Deshalb stutzt der Betrachter angesichts von vier Arbeitern, die mit filigranen Werkzeugen suchend im Erdreich herumkratzen.
Die simple Erklärung: Archäologin Renate Blum und ihre Grabungsmitarbeiter Jörn Kludas, Robert Wassermann und Felix Teranski suchen an der Leitungstrasse nach archäologisch wertvollen Fundstücken. Denn die NEL durchquert nicht nur heutiges Siedlungsgebiet, sondern auch Siedlungsräume früherer Epochen. "Dazu wurde in Akten geguckt, an welchen Stellen Kulturgut zerstört werden könnte", erläutert Renate Blum. Als eine von mehr als 250 Verdachtsflächen hatten das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege (NLD) und Kreisarchäologin Dr. Jutta Precht einen etwa 7000 Quadratmeter großen Bereich im Achimer Feld ausgemacht.

Die Ausgrabung im Achimer Feld

Die dunklen Schwellen, die Grabungsmitarbeiter Jörn Kludas (großes Bild) im hellen Sandboden freigelegt hat, geben Renate Blum Rätsel auf. Die Archäologin präsentiert einige Fundstücke (kleines Bild). Fotos: Marquart

Tatsächlich wurden Renate Blum und ihr Team während ihrer zwölftägigen Grabungen, die gestern endeten, fündig: Hauptsächlich legten sie Scherben und Granatsplitter frei. "Eine Scherbe stammt ganz sicher aus dem zehnten Jahrhundert, eine andere aus der Eisen- oder möglicherweise aus der Bronzezeit. Der Schwerpunkt liegt aber auf dem frühen Mittelalter bis Mittelalter", berichtet Renate Blum. Genaueres vermag die 52-Jährige allerdings erst zu sagen, wenn die Funde gewaschen sind. Sicher ist jedoch: Wirklich Sensationelles ist nicht darunter. "Aber Archäologie ist auch nicht Terra X - es sei denn, man findet einen Goldschatz. Aber der ist hier ganz sicher nicht vergraben", sagt Renate Blum lachend.
Ein archäologisches Rätsel stellen für die Altertumsforscherin mehrere dunkle Schwellen im ansonsten hellen Boden dar. Die Streben verlaufen neben einem etwa 80 Meter langen ehemaligen Graben oder Trampelpfad, der sich ebenfalls dunkel abzeichnet. "Vielleicht weiß ja jemand aus der Gegend etwas darüber", hofft Renate Blum.
Noch spannender dürfte es an einer anderen Verdachtsfläche werden. Im Embser Bruch, im Bereich der Kreuzung In der Grund/Am Edelhof, vermuten die Experten Überreste eines jahrhundertealten Dorfes. "Der Name ,Am Edelhof' kommt schließlich nicht von ungefähr - die Wüstung ist vermutlich im achten oder neunten Jahrhundert untergegangen", verrät Renate Blum. Doch bevor sie dort graben darf, erforscht sie erst noch eine Stelle bei Bötersen (Kreis Rotenburg).

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