Aus dem Achimer Kreisblatt vom 17. Dezember 2002:

Wie ein schlauer Kötner scheiterte
Die Geschichte von Haberkamps Hotel in Uphusen (I): Anfänge mit Befestigung der alten Heerstraße verbunden
Von Rainer Pöttker

UPHUSEN. Nach grundlegendem Umbau präsentiert sich das traditionsreiche Hotel Haberkamp an der Uphuser Dorfstrasse in neuem, frischem Glanze. In den vergangenen Wochen wurde nicht
gekleckert, sondern geklotzt und durch umfangreiche Sanierung ein Dorfmittelpunkt geschaffen, der zum Verweilen und Feiern einlädt.
Die Familie Wilking/Böhmermann, in deren Händen sich das Lokal seit 1912 befindet, hat damit einen grossen Schritt zum Weiterbestehen der Gaststättenkultur in Achim und umzu getan.
Das genaue Gründungsdatum ist unbekannt, und man muss in der Uphuser Dorfgeschichte einige Kapitel zurückblättern, um die Anfänge dieses Lokales zu finden.
Das alte, in früheren Zeiten mit dem üblichen Strohdach eingedeckte Fachwerkhaus errichtete ein Hinrich Meyer im Jahre 1713.
Das dicht an der Strasse gelegene Gasthaus musste 1963 einem zweckmässigen Hotelneubau weichen.
Die einstige HofsteIle hatte zu damals 15 Uphuser Kötnerstellen gehört. Es zählten etwa 40 Morgen Acker- und Wiesenland dazu. Neben dem bäuerlichen Betrieb entstand um 1865 eine Gast- und Schankwirtschaft mit Übernachtungsmöglichkeit für die zwischen Bremen und Verden auf der neuen, gepflasterten Landstrasse verkehrenden Menschen.
Trotz der langen Gaststättentradition ist Haberkamps Hotel von den drei in Uphusen lange bestehenden Krugwirtschaften die jüngste Gründung, unbestritten allerdings mit dem ältesten
Hotelbetrieb am Orte.
Die Anfänge sind unmittelbar mit der Begradigung und Befestigung der alten Heerstrasse verbunden, welche mit der neuen Strassenführung 1835 auch Uphusen erreichte und unmittelbar am besagten Hause des damaligen Besitzers der KötnersteIle mit der Brandkassennummer 25 vorbeiführte und einen Teil seines Gemüsegartens beanspruchte.
Hier sah der schlaue Uphuser Kötner Heinrich Bischoff seine Chance, an die doch sehr sparsam und zurückhaltend von der "Großbritannisch-Hannoverschen Landdrostei" in Stade zu vergebende Genehmigung zum Betreiben einer Krugwirtschaft heranzukommen.
Er begründete seinen Antrag damit, dass er durch die beabsichtigte Landabgabe und Zurücknahme der Einfriedigung genug Schaden an seiner wirtschaftlichen Existenz erlitten habe. Ein Ausgleich sei ihm durch Erteilung einer entsprechenden Konzession gerade recht.
Uphusen als eine der bedeutendsten Dorfschaften des Gerichtsbezirks Achim besitze nur zwei Gastwirtschaften. Es komme hinzu, dass der Krüger Rohwolt schon seit 14 Jahren so wenig auf die Krugnahrung eingerichtet sei, dass dort keine Gäste mehr einkehren. Erst vor kurzem habe der andere Krüger Tietjen veranlasst, dass daselbst wieder getanzt und nach langjähriger Trockenzeit endlich mal wieder Getränke zu haben seien.
Dieses sei aber nur geschehen, um einen unliebsamen, neuen Konkurrenten abzuweisen. Wenn nun aber vor der Projektierung der neuen Chaussee zwei Krüge in Uphusen mehr oder weniger
ihre Berechtigung hatten, so sei nun wegen der zu erwartenden ansteigenden Passagen die Einrichtung eines neuen Kruges überfällig.
Der Verkehr zwischen Bremen und Verden habe außerordentlich zugenommen, und die unentgeltliche Abtretung seines Grund und Bodens sei Veranlassung genug, dass die Königliche Verwaltung ihm die Kruganlage genehmigen möge.
Leider hatte der Uphuser im wahrsten Sinne des Wortes die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Seinem Antrag folgte nur drei Wochen später die abschlägige Antwort aus Stade.

Haberkamps Hotel um 1907

Haberkamps Hotel um 1907

Aus dem Achimer Kreisblatt vom 18. Dezember 2002:

1866 dritter "Krug": Hermann hinter dem Tresen
Die Geschichte von Haberkamps Hotel in Uphusen (II): Konkurrent hatte eine Generation lang Erteilung einer Konzession mit verhindert
Von Rainer Pöttker

UPHUSEN. Abgelehnt wurde Kötner Heinrich Bischoffs erster Antrag zum Betreiben einer
Krugwirtschaft an der um 1835 neu begradigten Heerstraße in Uphusen.
Seine Argumente mit der Abtretung seines Gartenlandes hierfür hatten nicht gezogen bei der "Königlichen Verwaltung" in Stade. Die paar Quadratruten könne man ihm auf der anderen
Strassenseite wieder zuweisen, wurde mitgeteilt. Ausserdem wolle man ihm für die Einfriedigung und die paar Obstbäume gerne den Wert in Geld ersetzen. Die Strasse machte einen kleinen
Knick auf Höhe von Bischoffs Haus. Man umging so den mit Bauernschläue eingefädelten "Landdeal".
Der Besitzer der ältesten Uphuser Wirtschaft, der Krüger Behrend Tietjen, aber versprach sich von der neuen Strassenführung eine erhebliche Förderung seines Geschäftes und griff tatkräftig mit in den Fortschritt ein.
Er leistete nicht weniger als 108 Handarbeitstage und 36 Spanndiensttage mit Pferd und Wagen!
Ausserdem kaufte er das Nachbargrundstück von Wöltje Rebers und stellte einen erheblichen Anteil seines Grund und Bodens für die Chaussee zur Verfügung. Dieses wurde wohlwollend
von der Strassenbauverwaltung zur Kenntnis genommen.
Gegen den Supplicanten oder Antragsteller Bischoff nahm man grundsätzlich ablehnende Haltung ein und wies darauf hin, dass die Krugwirtschaft des Behrend Tietjen viel besser auf Gästebewirtung eingestellt sei.
Diesen Argumenten schloss sich das Gohgericht in Achim an, und Bischoff musste weiter Land- anstatt Gastwirtschaft treiben.
Etwa 20 Jahre später versuchte es die inzwischen verwitwete Trina Bischoff noch einmal mit einer umfangreichen Rechtfertigung, die begehrte Genehmigung zu erlangen. Aber auch die triftigen
Argumente, dass die Einwohner zu Oyten, Oyterdamm und Meyerdamm im Sommer ihr Heu in
der Marsch nahe Clüverswerder holen und auf dem Heimwege unmittelbar an ihrem Hause vorbeifahren müssten und gerne dort eine Erfrischung nehmen würden, zogen nicht.
Böse Zungen behaupteten sogar, Behrend Tietjen hätte den Strassenbogen um Bischoffs Hof selbst bezahlt, um einen lästigen Konkurrenten zu verhindern.
Das "Königlich-Hannoversche Ministerium des Innern" sandte ihr in einer offiziellen Urkunde am 9. Oktober 1855 den Ablehnungsbescheid zu. So blieb Uphusern und Durchreisenden nichts anderes übrig, als weiter nur die beiden bestehenden Krüge zu besuchen.
1866 werden in Uphusen endlich drei Gastwirtschaften genannt, und der Umfang des Gewerbes wird als mittelmässig beschrieben.
Als Besitzer des neu hinzugekommenen Kruges ist der Sohn von Trina Bischoff, Hermann Bischoff - besser bekannt als der legendäre "Haberkamp, Hermann" nun hinter dem Tresen tätig. Schon 1872 wird in der Gaststube "Bei brennender Kerze" das Anwesen eines Konkurrenten, nämlich der ehemals Rowohltschen Schenke (heute Gerken) versteigert.
Haberkamps Hermann war aufgrund seiner Einfälle im gesamten Altkreis Achim und darüber hinaus bis nach Bremen hin bekannt.

Aus dem Achimer Kreisblatt vom 19. Dezember 2002:

Schimmelhufe auf dem Tisch
Die Geschichte von Haberkamps Hotel in Uphusen (III)
Von Rainer Pöttker

UPHUSEN. Hermann Bischoff, der erste Besitzer der dritten "Krugwirtschaft" in Uphusen, war als "Haberkamps Hermann" schon bald weit über den Ort hinaus ein Begriff.
Stand Hermann vor der Haustür und Durchreisende fuhren mit einem Pferdegespann an seinem Hause vorbei, dann bot er seine Gastlichkeit unvermittelt an: "Holt min Herr, wo wullt ji denn hin? Wullt ji nich en beten rinkamen? Wer hier vorbeigeiht und nicht rinkamt, de mut starben! Hier ist dat grötste Hotel twischen Bremen und Verden, hier wart de beste Pankoken bakt!"
Bei dieser freundlichen Drohung liess sich manch einer dazu überreden, durch die niedrige Seitentür in Hermanns Gaststube einzutreten. Hier wartete die nächste Überraschung, wenn ein gelehriger Bernhardiner ihm den Stock aus der Hand oder die Bedeckung vom Kopfe nahm.
Anschließend begrüsste ihn ein Schimmel, setzte gekonnt seine Vorderhufe auf die Tischplatte und wieherte freundlich.
Neben der Gaststube hatte Hermann inzwischen einen kleinen Hökerladen eingerichtet, wo man die Dinge des täglichen Lebens und landwirtschaftliche Erzeugnisse bekommen konnte. Einer seiner Lieferanten und guten Gäste war der Anbauer Hinnerk Köster aus den Bergen in der Nähe der Bierdener Grenze im östlichen Zipfel von Uphusen.
Dieser hatte die Eigenart, sein Handelsgut, ein Dutzend Hühnereier, unter dem Hut auf dem Kopf in Hermanns Krug zu transportieren. Dieses war Hermann nicht verborgen geblieben, und so trieb der bekannte Spassvogel einen seiner derben Scherze mit ihm. An einem schönen Sommerabend
kam Anbauer Köster aus den Bergen ins Dorf, um sich von dem Erlös seiner Hühnereier noch ein paar gekühlte Biere durch die ausgetrocknete Kehle rinnen zu lassen.
Kaum hatte er die Gaststätte betreten, kam Hermann auf ihn zu und begrüsste ihn mit einem freundschaftlichen, aber gezielt ausgeführten Klaps auf seine Kopfbedeckung mit fatalen Folgen.
Der Gebeutelte stand mitten in der Gastube, das Eigelb trat in dicken Fäden unter seinem Hut hervor und sammelte sich vor ihm auf dem Fussboden. Die Gäste bogen sich vor Lachen, und
Hermann hatte etwas Mühe, den sich nach der Schrecksekunde bald erholenden und lospolternden guten Freund zu beruhigen. Hinnerk Köster bekam die Eier gut bezahlt, und der folgende Umtrunk soll den üblichen Rahmen übertroffen haben.
Neben den Stammkunden kamen um die Jahrhundertwende auch betuchte und honorige Gäste aus dem nahgelegenen Bremen zu ihm. Bei Haberkamp's Hermann endeten meistens die beim Mahndorfer Krug gestarteten Schleppjagden, wo auch der in Oberneuland residierende Besitzer der Bremer Reismühle, Rickmer Rickmers, aktiv mitritt.
Hermann versah die Geschäfte im Hause mit der ihm von älteren Uphusern überlieferten Originalität bis 1898. Mit zunehmendem Alter gab Hermann, dessen Ehe kinderlos geblieben war,
die Gastwirtschaft in jüngere Hände ab. Johann Niemeyer kaufte das Anwesen und bekam auch die notwendige Konzession, um die hervorragend eingeführte Lokalität weiterzuführen.

Haberkamps Hotel um 1920

Haberkamps Hotel um 1920

Aus dem Achimer Kreisblatt vom 21. Dezember 2002:

Einkehr nach schönem Tag in Uphuser Heidebergen
Die Geschichte von Haberkamps Hotel in Uphusen (IV): Woher der Name stammt, bleibt ungeklärt / Geburtsort des Turnvereins und Schützendomizil
Von Rainer Pöttker

UPHUSEN. Die Jahre um die Jahrhundertwende waren Uphusens "goldene Jahre", und die drei Gastwirtschaften erlebten bis zum 1. Weltkrieg wahre "Blütejahre".
Gastwirt Niemeyer, der Nachfolger des legendären Gastronomen "Haberkamps Hermann" , setzte im Spätsommer folgende Anzeige in die Bremer Tageszeitungen:

     "Die Heide blüht!
     Uphusen
     Johann Niemeyer"

Dann war etwa los im Dorfe. Während der Heideblüte verbrachten viele Bremer Tagesausflügler einen schönen Tag in den Uphuser Heidebergen.
Sie ließen das Erlebte in einem der bekannten Gasthäuser oder speziell bei einem (oder mehreren) Getränken in Hermann Haberkamp's Gaststube mit dem wunderbaren Kieselsteinflett im Flur oder im naturbelassenen Garten auf der Rückseite des Saales ausklingen. Anschließend begaben sie sich dann auf den Weg zum Mahndorfer Bahnhof.
In Haberkamps Hotel wurde auch der Uphuser Turnverein aus der Taufe gehoben, und der Schützenverein schuf sich hier sein Domizil. Der grosse Saal lud in der Vergangenheit immer wieder zu rauschenden Festen ein.
Allerdings hat sich diesbezüglich eine Wandlung vollzogen.
Die Vereine haben Nachwuchssorgen, und die Gaststätten müssen sich auf "Erlebnisgastronomie" umstellen, um sich den gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen.
1912 zog sich Johann Niemeyer aus dem Geschäft zurück und übergab Haberkamps Hotel an die Familie Wilking. Anschliessend ging es durch Heirat in die Hände der Familie Böhmermann, die künftig in dritter Generation das Traditionslokal weiter führen wird.
Und ein fröhliches Uphuser Original, dem kein Denkmal wie "Heini Holtenben" oder "Fisch-Lucie" gesetzt wurde, lebt in dem Namen "Haberkamps Hotel" weiter.
Wie es zu der Namensgebung "Haberkamp" eigentlich gekommen ist, konnte bisher nicht geklärt werden. Vielleicht war es ja einer von Hermann Bischoffs Späßen, der überall nur als "Haberkamps Hermann" bekannt war.

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