25 Jahre „Grabe, wo du stehst!"

Jahresbericht der
Geschichtswerkstatt Achim e.V. 2010/2011

von Karlheinz Gerhold, Achim-Baden

Das 25. Vereinsjahr 2010/2011 stand ganz im Zeichen des 25-jährigen Vereinsjubiläums: Vor 25 Jahren war der Verein am 1. Oktober 1986 von 22 an der Regionalgeschichte Interessierten als Verein für Regionalgeschichte Achim gegründet worden, bevor er sich dann kurze Zeit später in Geschichtswerkstatt umbenannte.

Hauptanliegen der bundesweiten Geschichtswerkstattbewegung, die seit den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts neue Wege der Geschichtswissenschaft und ihrer Rezeption beschritt, war und ist bis heute die Suche nach Spuren, die die sogenannte große Geschichte vor Ort, bei den Menschen, in den Betrieben, in der Arbeits- und Lebenswelt lokal und regional hinterlassen hat.

Dieser Bewegung, die aus der Sicht der Betroffenen, der Bevölkerung, der kleinen Leute die Auswirkungen der „großen Politik" analysieren will, fühlt sich die Geschichtswerkstatt Achim bis heute verbunden. Ihr Motto „Grabe, wo du stehst!" ist bis heute Leitmotiv des Vereins.

Die Vereinsgründung der Geschichtswerkstatt selbst erfolgte am 1. Oktober 1986 im Gasthaus am Badener Berg, das bis zum Einzug im 1. Obergeschoss des Hauses Clüver im Jahre 1990 als Vereinslokal des jungen Vereins diente. Als fünfköpfigen Vorstand wählte die Gründungsversammlung Karlheinz Gerhold (1. Vorsitzender), Ingeborg Oelkers (2. Vorsitzende), Hans-Georg von Horn (Kassenverwalter), Wolfgang Meyer (Redaktionssprecher) und Christian Just (Schriftführer). Seit ihrer Gründung hat die Geschichtswerkstatt das Achimer Kulturleben und die Regionalgeschichtsforschung durch unzählige Vortragsveranstaltungen, Ausstellungen, Exkursionen, Ferienspaßangebote und Veröffentlichungen bereichert.

Und an gleicher Stelle, dem Restaurant „Weserterrassen am Badener Berg" findet am 1. Oktober 2011 die große Jubiläumsfeier statt, und zwar bewusst im Ortsteil Baden: Im Jahre 2013 wird der Ort Baden seine 1000-Jahr-Feier begehen. Nach allem, was wir heute wissen, trat Baden ins Licht der Geschichte mit der Übertragung des Hofes Botegun, wie Baden früher hieß, durch den Bremer Erzbischof Unwan an das Domkapitel. Und das geschah eben sehr wahrscheinlich vor ziemlich genau 1000 Jahren im Jahre 1013, als im Heiligen Römischen Reich König Heinrich II herrschte.

Als kleine Vorfreude auf das große Ereignis zeigt die Geschichtswerkstatt Achim e.V. im Restaurant Weserterrassen am Badener Berg in einer Dauerausstellung über 50 alte Ansichten vom Dorf und Ausflugsort Baden und dem schönen Wesertal: „Alt-Baden in historischen Bildern aus der Zeit des vorigen Jahrhunderts", viele der Fotos sind über 100 Jahre alt. Sie stammen aus dem Vereinsarchiv der Geschichtswerkstatt Achim e.V. und der Privatsammlung des 1. Vorsitzenden Karlheinz Gerhold. Die Initiative zur Ausstellung kam direkt vom Bremer Ehrenbürger Dr. Klaus Hübotter, dem Inhaber und Eigentümer des Restaurants.

Mit einem umfangreichen Rahmenprogramm hat das Jubiläumsjahr begonnen: Am 1. August 2010 führte eine Exkursion unter Leitung von Helmut Maack die Achimer in die Residenzstadt Bückeburg, wo die geschichtsinteressierten Besucher aus Achim das Hubschraubermuseum und das Fürstenschloss der Herren von Schaumburg-Lippe besichtigten.

Die Geschichtswerkstatt besucht das Hubschraubermuseum

Vor dem Hubschraubermuseum in Bückeburg: Exkursion der Geschichtswerkstatt Achim (Foto: Maack).

Am 26. Oktober 2010 setzte Dr. Joachim Woock aus Verden seine Vortragsreihe zur Geschichte des III. Reichs im Landkreis Verden mit einer Informationsveranstaltung über „Die NSDAP-Kreisleitung im Landkreis Verden (1925 - 1945)" fort. Die traditionelle Jahresabschlussfeier fand am 21. Dezember 2010 wieder bei heißem Punsch im Kulturhaus Alter Schützenhof (KASCH) statt; Kreisarchivar Rolf Allerheiligen präsentierte den neuen Heimatkalender 2011; als Jahresgabe für die Mitglieder gab es die umfangreiche Pressedokumentation mit den Aktivitäten der Geschichtswerkstatt 2009/2010 sowie das Heft XVI der Achimer Geschichts-Hefte, in dem die Geschichtswerkstatt wieder einmal Pionierarbeit leistete: Mit dem lesenswerten Aufsatz „Menschen aus der Türkei kommen nach Achim" legten Edith Bielefeld und Mehmet Ates erstmals eine Dokumentation dieses bisher vernachlässigten Themas der jüngeren Achimer Regionalgeschichte vor. Menschen mit Migrationshintergrund - wie man heute meint sagen zu müssen - sind Teil der Gesellschaft und damit Teil der Geschichte vor Ort.

Die Vorstandsneuwahlen im Vereinssitz Haus Clüver hatten dieses Ergebnis: Die Versammlung bestätigte den 1. Vorsitzenden und Initiator der Vereinsgründung vor 25 Jahren Karlheinz Gerhold im Amt und wählte in den Vorstand Elke Gerbers (2. Vorsitzende), Edith Bielefeld (Schriftführerin), Hartmut Nill (IT-Verantwortlicher), Helmut Maack (Kassenverwalter) und Gisela Galle, Helmut Köhler und Karl Heinz Hildebrandt als Beisitzer; Kassenprüfer sind Werner Esdohr und Monka Köhler. Einen besonderen Wunsch formulierte die Mitgliederversammlung: Die Mitgliederzahl von derzeit exakt 90 Personen - nach fünf Neueintritten des letzten Jahres - soll durch gezielte Werbemaßnahmen auf mindestens 100 gesteigert werden; ein neuer Flyer, der die vielfältigen Angebote des Vereins darstellt, und ein Aufkleber sollen dabei helfen.

Am 28. März 2011 folgte ein Vortrag von Dr. Joachim Woock über „Das letzte Tabu: Deserteure und ‚Kriegsverräter' - drei Schicksale aus dem Landkreis Verden." Am 10. April 2011 beteiligte sich die Geschichtswerkstatt mit einem eigenen Stand an der Vereinsbörse der Stadt Achim im Rathaus, bei der sich über 50 Achimer Vereine der Öffentlichkeit präsentierten.

Ein interessante Exkursion unter Leitung von Vereinschef Karlheinz Gerhold führte eine Gruppe der Geschichtswerkstatt am 15. Mai 2011 nach Borgfeld zur dortigen „Kaisen-Scheune": Der frühere Leiter des Bremer Staatsarchivs Dr. Hartmut Müller informierte die Achimer über das Leben und Wirken des früheren Bremer Bürgermeisters und Senatspräsidenten Wilhelm Kaisen, der in Borgfeld eine Siedlerstelle betrieb. Wilhelm Kaisen war von 1945 bis 1965 erster Nachkriegsbürgermeister und war von der amerikanischen Militärverwaltung als Sozialdemokrat und bekannter Antifaschist nach dem Ende der Nazi-Diktatur als Bürgermeister eingesetzt worden.

Am 29. Mai 2011 führte Elke Gerbers, 2. Vorsitzende der Geschichtswerkstatt und Gästeführerin, über 30 Interessierte zu den Denkmälern und Kunstwerken in Achims Innenstadt. So stellte sie während dieser „Denkmal-Tour" unter anderem die Skulpturen „Komm" vor der Stadtbibliothek, „Der erste Streit" im Rathaus, den „Vorleser", das Zigarrenmacher-Denkmal, aber auch die historischen Mahnmale im Park des Alten Rathauses vor, darunter das Langensalza-Denkmal, das im 19. Jahrhundert königstreue Achimer Welfen-Anhänger zur Erinnerung an die Schlacht des Jahres 1866 zwischen Preußen und (u.a.) den Hannoveranern bei Langensalza errichten ließen. Das war damals nach der Annexion des Königreiches Hannover durch Preußen im Jahre 1866 sicher ein merklicher Affront der Achimer Honoratioren gegenüber der neuen preußischen Obrigkeit.

Die Teilnehmer vor dem Haus Clüver

Elke Gerbers führte die Denkmal-Tour durch Achim; hier vor dem Haus Clüver, dem Vereinssitz der Geschichtswerkstatt Achim.

Der Verdener Stadtarchivar und Leiter des Historischen Museums „Domherrenhaus" Dr. Björn Emigholz referierte auf Einladung der Geschichtswerkstatt Achim im Restaurant Weserterrassen am Badener Berg am 30. Mai 2011 über den fränkischen König und Römischen Kaiser Karl den Großen und seine Aufenthalte in Verden, insbesondere im Jahre 810. Während der traditionellen „Badener Pfingstwiese" zeigte die Geschichtswerkstatt wieder alte Ansichten zur Badener Geschichte im Festzelt an der Weser. Am 2. Pfingsttag, dem 13. Juni 2011 feierte der Achimer Mühlenverein am Mühlentag „250 Jahre Achimer Windmühle"; die Geschichtswerkstatt steuerte Repros alter Ansichten vom Achimer Wahrzeichen aus ihrem Vereinsarchiv bei.

Regelmäßige regionalhistorische Sprechstunden im Haus Clüver rundeten das vielseitige Veranstaltungsprogramm des Jubiläumsjahres ab, von dem Vieles auch auf der Internetpräsenz der Geschichtswerkstatt Achim unter www.geschichtswerkstatt-achim.de nachgelesen werden kann.

Publikationen
1. Geschichtswerkstatt Achim e.V. (Hrsg.), Achimer Geschichts-Hefte, Heft XVI, Achim 2010, 60 Seiten
2. Geschichtswerkstatt Achim e.V. (Hrsg.), Achim - Gestern und Heute - ein Bildkalender in alten Ansichten für das Jahr 2011. Verden, Haus der Werbung 2010
3. Geschichtswerkstatt Achim e.V. (Hrsg.), Grußkarte zum Neujahr 2011, Achim 2010
4. Gerhold, Karlheinz, Kreisweites Netzwerk zur Regionalgeschichte ist überfällig! - Jahresbericht der Geschichtswerkstatt Achim 2009/2010, In: Heimatkalender für den Landkreis Verden 2011, Verden 2010.

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