Vielfältige Achimer Regionalgeschichte:
Jahresbericht der Geschichtswerkstatt Achim e.V. 2013-2014

von Karlheinz Gerhold, Achim-Baden

Das 28. Vereinsjahr 2013/2014 stand noch teilweise im Zeichen des regionalhistorischen Festprogramms, das die Geschichtswerkstatt Achim e.V. in Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Badener Vereine e.V. aus Anlass des Ortsjubiläums des größten Achimer Stadtteils Baden "1000 Jahre Baden" federführend mitgestaltet und durchgeführt hat.

Am 22. September 2013 beteiligte sich die Geschichtswerkstatt mit einem Info- und Büchertisch an der Festveranstaltung zur 1000-Jahr-Feier in der Lahof-Halle. Dem folgte am 13. Oktober eine Führung durch die historische Wallanlage "Hünenburg" - Karl Heinz Hildebrandt referierte über die Geschichte der Anlage.

Zum Volkstrauertag präsentierten Vereinschef Karlheinz Gerhold, Heinz Kuhlmann, Reiner Aucamp und Werner Esdohr als neue Vereinspublikation das "Gedenkbuch zur Mahnung an die nachfolgenden Generationen und zur Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewalt (1939 -1945) in Baden und Badenermoor"; es mahnt an die Opfer von Krieg und Gewalt, Faschismus
und Zerstörung der Jahre 1939 bis 1945, die in Baden und Badenermoor zu beklagen sind, und soll dazu beitragen, dass als Lehre aus der Vergangenheit stets mutige Männer und Frauen sich wachsam Kriegstreiberei und Faschismus entgegenstemmen. Und das setzt eine bewusste Erinnerung an die Opfer jener Zeit voraus. Diesem Auftrag der Geschichtswerkstattbewegung fühlten sich Heinz Kuhlmann und Reiner Auscamp verpflichtet, als sie im Jahre 2013, als der Ort Baden sein 1000-jähriges Ortsjubiläum beging, Daten, Fakten und Fotos von weit über 100 Personen zusammentrugen, damit das Gedenkbuch entstehen konnte. Am Volkstrauertag, dem 17. November 2013, wurde dieses Buch der Kirchengemeinde Baden von der Geschichtswerkstatt Achim zur dauerhaften Aufbewahrung übergeben.

Am 14. Februar 2014 wurde eine kleine Ausstellung mit "Winter- und Weserbildern von Baden" mit Fotos von Dora Meyer in den Räumen der Sparkasse Baden eröffnet. Als letzte Baden-Veranstaltung steuerte der Entomologe Helmut Riemann aus Bremen während eines Vortrags im Restaurant Weserterrassen zahlreiche Fakten bei zum Thema "Die Badener Weserhänge - einst und heute, Landschaftsidyll und herausragender Lebensraum für seltene Insekten und Pflanzen"; im Zentrum standen dabei die seit über 100 Jahren untersuchten und dokumentierten Bestände seltener solitär lebender Wespen- und Bienenarten am Badener Weserufer und -hang.

Die traditionelle Exkursion führte die Geschichtsinteressierten am 1. September 2013 unter Leitung von Karlheinz Gerhold in die Nachbarstadt Syke mit Führung durch das Kreismuseum Syke und mit Besichtigung der Sehenswürdigkeiten der Stadt sowie des Goldhortes von Gessel und einem Abstecher zum "Mittelpunkt Niedersachsens" und zum Jüdischen Friedhof Hoyerhagen, den Vereinsmitglied Fritz Bischof vorstellte.

Während der Jahreshauptversammlung am 4. Februar 2014 präsentierte der Vorstand Heft 18 der "Achimer Geschichts-Hefte", das im Sinne und nach dem Konzept des regionalhistorischen Magazins wieder eine bunte Fülle lokalgeschichtlicher Beiträge (zum ersten Mal in Farbe!) bescherte, mit denen insbesondere aktive Vereinsmitglieder ihre Recherchen einer interessierten Öffentlichkeit präsentieren. Das gilt auch für den Beitrag von Karl-Heinz Hildebrandt aus Langwedel über die Gebrüder Olbers, die er überraschender Weise als "alte Achimer" identifiziert: Der bekannte Bremer Astronom Wilhelm Olbers muss sich in der Hansestadt als hannoverscher Lutheraner unter den Calvinisten Bremens sogar als anfangs wenig geachteter Außenseiter gefühlt haben.

Helmut Köhler zeichnet verantwortlich für einen Beitrag über das Deutsche Rote Kreuz Achim, das im Jahre 2014 auf eine 100-jährige Geschichte zurückblicken kann. Dass der Flugzeugkonstrukteur Henrich Focke eine Beziehung zur Achimer Wesermarsch hatte, erhellt sich aus einem weiteren Artikel von Karl-Heinz Hildebrandt. Der Bollen-Spezialist Reinhard Dietrich ist auch mit zwei Berichten vertreten: Es geht diesmal um den "Verein der treuen Freunde in Bollen" und um das "Schullandheim in Bollen". Schließlich durfte auch ein "Rückblick auf 1000 Jahre Baden" nicht fehlen.

Die Vorstandsneuwahlen hatten dieses Ergebnis: 1. Vorsitzender Karlheinz Gerhold, 2. Vorsitzender Helmut Köhler, Kassenverwalter Helmut Maack, Schriftführerin Edith Bielefeld, IT-Verantwortlicher Hartmut Nill, Beisitzer Elke Gerbers, Karl-Heinz Hildebrandt und Gisela Galle. Zu Kassenprüferinnen bestimmte die Versammlung Christa Petrek und Monika Köhler. Besonders erfreute die Tatsache, dass mit 106 Mitgliedern ein neuer Höchststand seit der Vereinsgründung im Jahre 1986 erreicht werden konnte. Die Versammlung wertete das als Folge der positiven Resonanz, auf die die Vereinsarbeit stößt, insbesondere auch bei den l000-Jahr-Feierlichkeiten Badens spürbar, und als Anerkennung und Ansporn für weitere Aktivitäten zugleich.

Mit Recherchen zur eigenen Familiengeschichte und deren Ergebnissen befasste sich Karlheinz Gerhold während eines Vortrags am 13. April 2014 in Gieschens Hotel. Dem folgte am 22. April eine Darstellung des Reichsbanners "Schwarz-Rot-Gold" - Zur Arbeiterbewegung im Kreis und Altkreis Achim; hierzu konnte als Referent Ulrich Schröder aus Ottersberg gewonnen werden, der seine Forschungsergebnisse zu der demokratischen, antifaschistischen und republiktreuen Organisation gegen Ende der Weimarer Republik vorstellte. Am 6. Mai 2014 ging es dann um die Achim betreffenden Passagen des aktuellen Werkes von Prof. Dr. Armin Schöne "Die Erzbischöfe von Bremen und ihr Haus und Amt Langwedel", die der Autor erläuterte.

Eine weitere Buchvorstellung fand am 18. Mai 2014 statt: Mit "Achimer Straßennamen und ihre Bedeutung" legt die Geschichtswerkstatt Achim ein Buch vor, das schon seit längerem geplant war und jetzt endlich realisiert werden konnte: Wer in Achim wohnt oder die Stadt an der Weser vor den Toren Bremens besucht, hat sich sicher des Öfteren gefragt, nach wem die eine oder andere Straße in Achim wohl benannt wurde. Da gibt es etliche bekannte Persönlichkeiten, zu deren Andenken Straßen in Achim im Laufe der Geschichte benannt wurden, man denke etwa an die Friedensnobelpreisträgerin Bertha von Suttner, den Erfinder des modernen Buchdrucks Johannes Gutenberg, den mutigen SPD-Vorsitzenden Otto Wels, der am 23. März 1933 im Reichstag gegen Hitlers Ermächtigungsgesetz votierte, oder den Physiker Max Planck, dessen Konterfei zu DM-Zeiten die 2-DM-Münze schmückte. Dazu kamen in jüngster Zeit im Zuge der Bebauung eines Teils des früheren Kasernen- und Öllager-Geländes in Uesen und Baden mehrere Namen bekannter Frauen, wie Petra Kelly, Mildred Scheel, Loki Schmidt und Minna Cauer. Immer wurde das ungeschriebene Gesetz beachtet wonach Straßen erst nach dem Tode nach der betreffenden Person benannt werden sollen. Wer aber waren die Personen, die in Achim wirkten und zu deren Gedächtnis der Stadtrat bzw. die Gemeinderäte - auch die der früheren Gemeinden Baden, Uesen, Embsen, Bierden, Uphusen und Bollen, die erst mit der großen Gebiets- und Verwaltungsreform von 1972 zur neuen Stadt Achim zusammengeschlossen wurden - Straßen benannten? Man denke nur an August Räker, Louis Otten, Hermann Schönecke, Hinrich Brüns, Heinrich Ravens, Heinrich Fahrenholz, Bürgermeister Wülbers und Josua Roedenbeck, um nur einige zu nennen.

Eine besonders erwähnenswerte Gruppe von Personen sind die Verfolgten des Nazi-Regimes, insbesondere jüdische Mitbürgerinnen und Mitbürger, deren Andenken zur Erinnerung an die Verbrechen des faschistischen Deutschlands und zur Mahnung an die nachfolgenden Generationen hoch gehalten werden muss: Familie Heilbronn, Familie Anspacher. Schließlich waren auch die Namen einiger Personen, die, ohne in der Öffentlichkeit gewirkt zu haben, einfach nur Eigentümer der betroffenen Flurstücke oder Bauplätze waren, Anlass für Straßenbenennungen. All diese "alten Achimer" und Bewohner der Ortsteile wieder in Erinnerung zu bringen, ist das große Verdienst von Edith Bielefeld und Helmt Köhler, beide Mitglieder und Vorstandsmitglieder der Geschichtswerkstatt Achim e.V., die nach zeitaufwendigen Recherchen Interessantes und Erwähnenswertes zu den genannten Personen ans Tageslicht förderten und so sicher die meisten Fragen zum "who is who?" der Achimer Straßennamensgebung beantworten konnten.

Aus Anlass des 100-jährigen Bestehens des Ortes Badenermoor (1914-2014) organisierte die Geschichtswerkstatt Achim am 10. Juni 2014 einen Vortrag im Restaurant Wachtelkönig: Heinz Kuhlmann sprach über "Badenermoor vor seiner Gründung".

Während des traditionellen Spargelessens der Geschichtswerkstatt Achim stellte Herbert Kempa aus Baden, selber Mitglied des Vereins, sein Buch über einen "Umzug und mehr - ein Hügelgrab vor der Haustür" vor und verlas einige Passagen daraus. Bei der kleinen Publikation handelt es sich um fiktive Gespräche mit einem Steinzeitmenschen namens Lithus, zu denen Herbert Kempa durch das Hügelgrab in der Nähe seiner Wohnung in Baden inspiriert worden ist - sicher eine andere, aber durchaus interessante Herangehensweise an Geschichte. Das Werk bietet dem interessierten Leser auf unterhaltsame Weise viel Wissenswertes über die Vor- und Frühgeschichte unserer Gegend, beginnend mit dem Neolithikum, der Jungsteinzeit, in der der Bereich um die und auf den Weserdünen bereits Siedlungspuren und Hinterlassenschaften der damaligen Menschen, eben auch die im Landkreis Verden nicht seltenen Hügelgräber, aufweist. Das erste Exemplar der Publikation nahm der 1. Vorsitzende der Geschichtswerkstatt Achim Karlheinz Gerhold für das Vereinsarchiv entgegen. Für die Gesamtproduktion und den Vertrieb zeichnet wiederum Vereinsmitglied Werner Esdohr verantwortlich. Die Geschichtswerkstatt fördert nach ihrem Satzungszweck seit nunmehr fast 30 Jahren regionalgeschichtliche Veröffentlichungen.

Ein voller Erfolg war schließlich auch das Open-Air-Konzert am 15. Juni 2014 auf der Freilichtbühne in Dürings Park in Baden: Rund 300 Musik begeisterte Liebhaber des Irish Folk kamen zum Auftritt der fünfköpfigen Achimer Band "The Bundorans", zu dem die Geschichtswerkstatt Achim und die Arbeitsgemeinschaft Badener Vereine nach dem Motto "umsonst und draußen" geladen hatten. Die Band trug gefühlvolle Balladen über Liebe, Schmerz, Fernweh, Sehnsucht und Freude vor, aber auch typische Pub-Songs und rythmische Lieder, die das Publikum mitnahmen und von den harten Sitzen im Park rissen. Der Bandname leitet sich von der Küstenstadt Bundoran im County Donegal im Nordwesten der Republik Irland her, die die Bandmitglieder Rainer Wöbse (Gesang/Gitarre/Harp), Gerd Wöbse(Mandoline/12str. Gitarre/Gesang), Cara Thompson Barthels (Geige/Gesang), Wiebke Lipka (Cajon/Flöte/Gesang) und Jürgen Fischer (Gitarre/Gesang) offenbar zur handgemachten, typisch irischen Musik inspirierte. Organisator Reiner Aucamp zeigte sich angesichts der großen Resonanz äußerst zufrieden und kündigte eine Fortsetzung der Veranstaltungen in Dürings Park an, dessen Freilichtbühne aus Anlass des 1000-jährigen Ortsbestehens Badens von der Stadt Achim hergerichtet worden war.

Eine Exkursion unter Leitung von Karl Heinz Hildebrandt ging am 6. Juli ins benachbarte Langwedel. Vor Ort standen das Burgmodell im Langwedeler Rathaus und die Lage der früheren Anlage im Bereich des Burgbades auf dem Programm. Dr. Wolfgang Ernst führte die Achimer Geschichtsgruppe in die Langwedeler Geschichte ein; das restaurierte Häuslingshaus, das aus dem 18. Jahrhundert stammt und als Haus eines Häuslings ein Alleinstellungsmerkmal in der näheren Umgebung besitzt, und die Motte Hagen waren dabei die nächsten Stationen der Exkursion.

Abgerundet wurde das vielfältige Jahresprogramm durch die regelmäßigen regionalhistorischen Sprechstunden im Vereinssitz Haus Clüver, die Arbeitsgruppentreffen und die traditionelle Jahresabschlussfeier am 17 . Dezember 2013 bei heißem Punsch im KASCH; Einzelheiten zum aktuellen Programm stehen auch auf der Internetpräsenz unter: www.geschichtswerkstatt-achim.de.


Publikationen
1. Geschichtswerkstatt Achim e.V, (Hrsg.), Achimer Geschichts-Hefte, Heft XVIII, Achim
2013, 54Seiten
2. Geschichtswerkstatt Achim e.V. (Hrsg.), Achim - unsere Stadt vor 30 Jahren
- ein Bildkalender in alten Ansichten für das Jahr 2014, Verden, Haus der Werbung, 2013
3. Geschichtswerkstatt Achim e.V. (Hrsg.), Grußkarte zum Neujahr 2014, Achim 2013
4. Bielefeld, Edith/Köhler, Helmut, "Räkerstraße - wer war Räker? - Achimer Straßennamen und ihre Bedeutung", Hrsg.: Geschichtswerkstatt Achim e.V., Achim 2014
5. Gerhold, Karheinz, "Aktivitäten zur 1000-Jahrfeier Badens - Mehr Baden geht nicht!" -
Jahresbericht der Geschichtswerkstatt Achim e.V., in: Heimatkalender für den Landkreis
Verden 2014, Verden 2013
6. Geschichtswerkstatt Achim e.V. (Hrsg.), Gedenkbuch zur Mahnung an die nachfolgenden
Generationen und zur Erinnerung an die Opfer von Krieg und Gewalt (1939-1945) in
Baden und Badenermoor; zusammengestellt von Heinz Kuhlmann, Baden, und Reiner
Aucamp, Baden; Layout und Herstellung: Werner Esdohr, Baden; Achim-Baden, 2013
7. Kempa, Herbert, "Ein Umzug und mehr - Ein Hügelgrab vor der Haustür", Achim 2014

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