Aus dem Achimer Kreisblatt vom 28. Oktober 2003:
Erster evangelischer Gottesdienst vor 435 Jahren
50 Jahre nachdem Martin Luther seine 95 Thesen angeschlagen hatte / Verden galt noch 1566 als gut katholisch
Von Jürgen Siemers
VERDEN. Am 10. Oktober 1568, vor 435 Jahren, ist im Verdener Dom der erste feierliche Gottesdienst nach dem neuen geänderten Ritus gefeiert worden, der aus der Lehre von Dr. Martin Luther herrührte. Damit galt die Reformation auch in Verden als eingeführt. Es waren inzwischen 50 Jahre seit dem Anschlag der 95 Thesen an der Kirche in Wittenberge vergangen. Der hiesige "Auftakt" der Reformation geschah nicht am 31. Oktober, wie vielfach angenommen wird, das Reformationsfest ist erst sehr viel später eingeführt worden.
Das Stift Verden galt im Reich noch 1566, als Kaiser Max die Privilegien des Stiftes bestätigte, als gut katholisch, im Gegensatz zu Bremen. Bischof Christoph (1503-1558) hatte es als geschworener Feind Luthers verstanden, die evangelischen Einflüsse vom Stift fern zu halten. Der Feuertod von Johann Bornemacher sei hier erwähnt. In Bremen, dort war der Verdener Bischof gleichzeitig Erzbischof, hielt die Reformation bereits 1525 Einzug, nur der Dom blieb bis 1552 katholisch. Evangelisch waren seit 1525 unter anderem die Städte Lüneburg, Celle, Walsrode. Das
Stift Verden war also eine katholische Insel im evangelischen Norden.
Hier zeigten sich Veränderungen erst nach dem Tode Christophs. Er starb am 22. Januar 1558. Sein Nachfolger Georg, sein Bruder, setzte bereits im Februar 1558 den evangelischen Geistlichen
Heinrich Bursius an der St. Johanniskirche als Prediger ein, denn in der Norderstadt war der Wunsch zur Reformation besonders erkennbar gewesen. 1561 erhielt er die dort vakant gewordene
Pfarrstelle.
Bischof Georg hatte Anfang der 60er Jahre in seinen Stiften Bremen und Verden die Priesterehe, das Abendmahl in beiderlei Gestalt und den Glaubensartikel von der Rechtfertigung aus Gnade offiziell zugelassen (Mager, Die drei ev. Bischöfe in Verden).
Bischof Eberhard von Holle
Bischof Eberhard von Holle führte die Reformation ein.
Im Alter von 70 Jahren nahm Georg, Erzbischof von Bremen und Bischof von Verden, den lutherischen Abt des St. Michaelisklosters in Lüneburg und Bischof von Lübeck, Eberhard von Holle, als Coadjutor (Nachfolger) für das Bistum Verden an. Georg starb am 4. Dezember 1566 in Bremervörde und nahm in seiner Sterbestunde das Abendmahl in beiderlei Gestalt. Damit war endgültig der Weg frei für die Einführung der Reformation im hiesigen Gebiet.
Die Bevölkerung war zum großen Teil von der neuen Lehre angetan, das Domkapitel dagegen hielt sich zurück und zeigte Bedenken, den Übertritt zu vollziehen.
Aber Eberhard war Willens, die Reformation umgehend einzuführen, konnte aber diese Entscheidung nicht alleine treffen. Mit den Amtsgeschäften wurde er offiziell am 21. Februar 1567
betraut, aber bereits seit dem Tode Georgs war er tätig geworden.
Im April 1567 verhandelte der Landtag des Stiftes Verden und stimmte einem Zehn-Punkte-Plan Eberhards zur Einführung der Reformation zu. Am 4. Juni 1567 trat das Generalkapitel zusammen, um unter anderem auch über die Vorschläge zur Einführung der Reformation zu verhandeln. Eberhard erreichte dabei, daß entsprechende Vorbereitungen getroffen werden konnten. Diese zogen sich aber bis in das Jahr 1568 hin.
Größter Gegner der Abschaffung der Messe in Verden war der Verdener Domdechant von Dinklage aus Minden, der mit unlauteren Aussagen versuchte, das Vorhaben zu stören. Aber dann war es soweit, daß am 10. Oktober 1568 der erste evangelische Gottesdienst im Verdener Dom abgehalten wurde. Sehr schnell konnten die Kirchen im Stift mit evangelischen Pastoren besetzt werden. Unaufhaltsam schritt die Reformation voran. Ein erster Höhepunkt war dann 1578 die Gründung des heutigen Domgymnasiums als eine Schule im Sinne von Luthers Lehre.
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