4. August 2014

„Netzwerk Erinnerungskultur ist der richtige Weg!"
Geschichtswerkstatt Achim befürwortet Initiative des Landkreises
Von Karlheinz Gerhold

Achim. Die Gremien des Landkreises Verden hatten kürzlich auf Initiative von SPD, CDU und Grünen die federführende Beteiligung der Landkreisverwaltung an einem „Netzwerk Erinnerungskultur" beschlossen und auf den Weg gebracht. Nach dem Wortlaut des Beschlusses ist die Aufgabe dieser Initiative die Aufarbeitung der Regionalgeschichte des gesamten 20. Jahrhunderts. Dabei sollen Gedenkthemen und Gedenkanlässe identifiziert werden, Orte des Erinnerns (Gedenkorte) kenntlich gemacht werden, Sammlungs- und Aufarbeitungsstätten geschaffen werden und die Arbeitsergebnisse pädagogisch aufbereitet und für die Schulen und andere Bildungsträger zugänglich und nutzbar gemacht werden.

Zu einem Vorabgespräch, wie man sich in das nach der Sommerpause zu schaffende Netzwerk einbringen könnte, trafen sich jetzt auf Einladung des 1. Vorsitzenden der Geschichtswerkstatt Achim, Karlheinz Gerhold, Mitglieder der Geschichtswerkstatt Achim - mit dabei auch die Vorsitzende der Verdener Familienforscher, Bärbel Ebeling. Die Initiative wurde einhellig begrüßt und als überfällig und sinnvoll empfunden. Wesentlicher Pluspunkt des Projektes ist nach Auffassung der Geschichtswerkstatt, dass es nunmehr gelungen sei, das wichtige Thema auf eine breite politische, parteiübergreifende Basis zu stellen und sich der Landkreis nach Möglichkeit finanziell und personell beteiligt, und zwar federführend. Das sei Garant für einen langfristigen und nachhaltigen Erfolg, betonte Gerhold. Und dabei fange man ja nicht bei Null an.

Im Bereich des Landkreises und seiner beiden Städte und der Kommunen sind bereits seit langem Vereine, Initiativen, Arbeitskreise, Schulen und auch Einzelpersonen sehr aktiv und produktiv bei der Erforschung und Dokumentation der regionalen Geschichte. Zu erwähnen ist dabei die Arbeitsgemeinschaft kreisverdener Heimat- und Geschichtsvereine, die im zweijährigen Rhythmus als gemeinsames Forum den Tag der Heimatvereine initiiert (2011 in Verden, 2013 in Oyten und 2015 voraussichtlich in Dörverden). Eine im Aufbau befindliche Internetplattfor
m unter www.geschichte-im-landkreis-verden.de, die Werner Esdohr betreut, mag dabei als Beispiel für die künftig zu schaffende Vernetzung dienen.

Zudem gab es bereits in der jüngeren Vergangenheit Projektideen, unter anderem vom Verein für Regionalgeschichte Verden und dessen Vorsitzenden Dr. Joachim Woock. Bereits im Jahre 2010 hatte Dr. Joachim Woock unter dem Titel „Denkorte im Landkreis" während einer Informationsveranstaltung das Konzept "Erinnerungskultur und Demokratiebildung - Denkorte im Landkreis Verden" vorgestellt; Veranstalter waren neben der Geschichtswerkstatt Achim das Netzwerk "Erinnerungskultur und Demokratiebildung", dem auch der Verein für Regionalgeschichte Verden e. V. und die Geschichtswerkstatt Sachsenhain angehören. Hierbei ging es im Rahmen eines pädagogischen Ansatzes um eine kreisweite Initiative zur Aufstellung von Stelen mit historischen Informationen an historisch relevanten Orten und Plätzen.

Auch die Geschichtswerkstatt Achim unterstützt seitdem diese Initiative zur Einrichtung eines kreisweiten Netzwerkes und Zentrums zur Regionalgeschichtsforschung. Regionalgeschichtsforschung im Landkreis Verden einschließlich der Zeit des Nationalsozialismus ist sicher kein unbestelltes Feld - im Gegenteil: Etliche Publikationen sowie die Aktivitäten der Geschichtswerkstätten, der Geschichtsvereine und kommunalen Einrichtungen brauchen keinen Vergleich mit anderen Regionen zu scheuen. Allerdings sind die meisten Projekte und Aktionen - auch von ihrer Außenwirkung her - örtlich beschränkt. Und genau hier ist der Neustart gefordert. Es sollte eine Initiative für die Schaffung eines kreisweiten Netzwerks zur Regionalgeschichtsforschung gestartet werden, das die bisherigen Aktivitäten der Geschichtswerkstätten, Geschichtsvereine und Museen und Archive im Kreisgebiet bündeln und optimieren soll. Unverzichtbare Eckpunkte für ein zu erarbeitendes Grundsatzpapier sind dabei die Einbeziehung des gesamten Kreisgebietes und die pädagogische Ausrichtung im Sinne eines forschenden Lernens. Daher müssen die Schulen auch unbedingt mit ins Boot. Das Ziel muss eine koordinierte Präsentation von Orten des Erinnerns und historischen Stätten sein, mit deren Hilfe man Interessierten, aber vor allem Schülerinnen und Schülern, Aspekte der großen und kleinen Geschichte ortsnah und damit plastisch und konkret vermitteln und begreifbar machen und vor allem Anregungen zur weiteren und eigenen Recherche geben kann. Dass dabei der Teil der deutschen Geschichte, der niemals dem Vergessen anheimfallen darf, mit einzubeziehen ist, ist unabdingbar.

Das zu schaffende regionalhistorische Netzwerk wird sich verstärkt des Internets bedienen und mit einem eigenen Internetauftritt ein Forum zur Verbesserung des Informationsflusses und zur Verbreitung von Forschungsergebnissen schaffen. Aber das Ganze geht nicht nur virtuell: Geschichte braucht Räume, und zwar im Wortsinne: Neben den Räumlichkeiten, die die öffentlichen Einrichtungen wie die Stadt- und Gemeindearchive und das Kreisarchiv sowie die Museen bieten, kann die Gründung einer kreisweiten Einrichtung zur Lokalgeschichte, am besten integriert in eine Schule, zielführend sein.

All das ist nicht zum Nulltarif zu haben; hier setzt die Geschichtswerkstatt Achim ihre Hoffnung auf den Landkreis und die politischen Initiatoren der großen Koalition im Kreistag.

Das Brainstorming des Vereins steuert für die mit Spannung und Interesse erwartete Auftaktveranstaltung des Landkreises noch folgendes Aspekte und Diskussionspunkte bei:

1) Die zeitliche Begrenzung des Projektes auf das 20. Jahrhundert und die strikte räumliche Begrenzung auf das Kreisgebiet kann hinderlich wirken.
2) Eine Bestandsaufnahme der bisher im Landkreis Verden vorhandenen Akteure (Bildungseinrichtungen, Museen, Archive, Heimatvereine, Geschichtswerkstätten, Privatpersonen etc.) ist erforderlich.
3) Jeder teilnehmende und mitwirkende Verein etc. sollte autark bleiben.
4) Als Organisationsstruktur des Netzwerks empfiehlt sich ein lockerer Zusammenschluss als Arbeitsgemeinschaft unter Federführung des Landkreises; formelle Vereinsstrukturen mit Pflichtterminen etc. sollten vermieden werden.
5) Als Ergebnis und wesentliches Ziel des Netzwerkes sollte die Einrichtung und Pflege einer Internetseite (mit Verlinkung zu den mitwirkenden Organisationen etc., Verzeichnis der Gedenkorte, Verzeichnis der in diesem Bereich im Landkreis Verden aktiven Organisationen etc. und einem Verzeichnis der Veranstaltungen und Termine) sein sowie die Einrichtung einer Verteilerliste oder einer Mailingliste zum Zwecke des optimierten Informationsflusses und -austausches.
6) Eine Vorababfrage und Recherche des Adressatenkreises des Netzwerkes (z.B. bei den Kommunen des Landkreises und über die Presse) ist wichtig, um für die geplante Auftaktveranstaltung alle in Betracht kommenden Personen und Organisationen etc. zu erreichen.

„Wir freuen uns sehr über die neuen Aktivitäten und sind bereit uns einzubringen", versprach Gerhold.

Gedenkstein in Uphusen

Ein Denkort: Gedenkstein mit Inschrift zur Erinnerung und Mahnung: Im Bruchweg in Uphusen, in dessen Nähe sich 1945 eine Außenstelle des KZ Neuengamme befand. Foto: Geschichtswerkstatt Achim e.V.

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