Aus dem Achimer Kreisblatt vom 17. August 2004:

Wie Niedersachsen das wurde was es ist
Seit 650 Jahren gebräuchlich / Schutz der geistlichen Freiheiten im "niederen Sachsen" / Im Reichskreis
Von Jürgen Siemers

VERDEN . Seit 650 Jahren ist der Name "Niedersachsen" für das ursprüngliche Stammesgebiet der Sachsen gebräuchlich, wie dieses in den Quellen seit dem achten Jahrhundert bezeugt ist. Erstmals in einer Urkunde, die Kaiser Karl IV. im Jahre 1354 zum Schutz der geistlichen Freiheiten für den Klerus im "niederen Sachsen" (inferioris Saxonie) erlassen hatte, wurde diese Bezeichnung für die Gebiete der Erzdiözesen Bremen und Magdeburg benutzt.
Es war kein neuer Raumbegriff, sondern ein Rückgriff auf eine damals wohl gebräuchliche Raumbenennung. Denn der Name "Sachsen" war zu der Zeit bereits auf dynastischem Wege elbaufwärts in die Mark Meißen und Dresden gewandert, in das Gebiet des heutigen Bundeslandes "Freistaat Sachsen".
Die Abwanderung des Begriffes "Sachsen" aus dem Nordwesten - dem alten Kernland Sachsen - in den Südosten Deutschlands nahm nach der Entmachtung des Sachsenherzogs Heinrich des Löwen durch Kaiser Friedrich I., genannt Barbarossa, den Anfang. Auf dem Reichstag zu Gelnhausen 1180 erfolgte die Aufteilung des Herzogtums Sachsen, ein Gebiet ohne feste Grenzen.
Der westliche Teil des Sachsenlandes um Paderborn bildete mit Köln das Herzogtum Westfalen. Zum Herzog des übrigen Sachsenlandes wurde Graf Bernhard von Anhalt, ein Askanier, erhoben. Jedoch erhielt der Welfe Heinrich der Löwe nach seiner Unterwerfung seinen Eigenbesitz zurück, den sich 1202 seine Söhne Wilhelm, Heinrich und Otto teilten. Der Sohn von Wilhelm von Lüneburg, seine beiden Brüder verstarben söhnelos, Otto das Kind, vereinigte als Erbe wieder den welfischen Besitz und erhielt den Titel "Herzog von Braunschweig und Lüneburg" für das Gebiet zwischen Weser und EIbe. Damit unterstanden die Welfen nicht mehr der herzoglichen Gewalt der Askanier.
Das Herzogtum Sachsen, nun unter der Herrschaft der Askanier, lag ostwärts der EIbe und des Ostharzes. Der Name "Sachsen" hatte den ersten Schritt elbaufwärts getan. Beim Tode des askanischen Sachsenherzogs AIbrecht, Sohn des Grafen Bernhard, im Jahre 1261, entstanden durch Erbteilung die Linien Sachsen-Lauenburg und Sachsen-Wittenberg, beide mit dem Titel "Herzog von Sachsen". Das Schwergewicht lag bei den Wittenbergern, deren herausragende Stellung 1356 schon als Herzog von Sachsen mit der Verleihung der Kurfürstenwürde durch die Goldene Bulle bestätigt worden war. Der Übergang des sächsischen Herzogtums Sachsen- Wittenberg durch Heirat an das Haus Wettin - Burg und Stadt bei Halle -verlagerte den Namen Sachsen endgültig. Friedrich von Meißen und Thüringen erhielt 1423 das bisherige askanische (sächsische) Kurfürstentum Sachsen-Wittenberg und danach wurden auch alle Wettiner Gebiete (Mark Meißen und Landgrafschaft Thüringen) mit dem Namen Sachsen (Kursachsen) bezeichnet.
Die Welfen reagierten auf die kaiserliche Hervorhebung der Askanier mit der Änderung ihres Wappens. Anstelle des Löwen ist seit etwa 1360 das Pferd das welfische Wappentier. Die Bezeichnung Niedersachsen erhielt sich seit 1512 in der Benennung eines Reichskreises und wurde aber erst zum 1. November 1946 mit der Schaffung des Bundeslandes Niedersachsen aktiviert. Das Gebiet des bischöflichen Hochstiftes Verden gehörte zum westfälischen Reichskreis, abgeleitet vom zuständigen Erzbistum Mainz und war als selbstständiges Territorium nicht betroffen.

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