Aus dem Achimer Kreisblatt vom 12. Dezember 2003:

Steinkammer mit Weserblick
Archäologen schwärmen von spektakulären Ausgrabungen an der Schlachte
Von Thomas Kuzaj

BREMEN. Professor Manfred Rech, der Landesarchäologe, streicht langsam mit einem Finger über Steine und Fugen. Dann betrachtet er den Finger und schnuppert daran. Anschließend ist er sich sicher: "Das ist Steinkalkmörtel. Kein Muschelkalkmörtel."
Damit wäre das schon mal geklärt. Rech und sein Kollege, der Grabungsleiter Dr. Dieter Bischop, halten sich dieser Tage mit Begeisterung an der Schlachte auf - auf einer Baustelle in der Nähe
des Brills. Dort soll ein feines Design-Hotel entstehen. In der Baugrube haben die Archäologen Teile der Stadtmauer gefunden. Und nicht allein das. Die gegenwärtigen Ausgrabungen sind vergleichsweise spektakulär, weil mit den Mauerstücken zwei so genannte Steinkammern aus dem 12./13. Jahrhundert freigelegt wurden. Das bedeutet: Hier, gleich an der Weser, haben wohlhabende Bremer gewohnt.

Die Grabungsstelle an der Schlachte in Bremen

Besuch in der Steinkammer: Dr. Dieter Bishop präsentiert ein Fundstück. Im Vordergrund die Stadtmauer.
Photo: kuz

Der Zeitpunkt des Funds könnte günstiger kaum sein. Wie berichtet, wurde im Focke-Museum soeben die Ausstellung "Gefundene Vergangenheit - Archäologie des Mittelalters in Bremen"
eröffnet. Zu der Ausstellung gehört eine Abteilung mit ausführlichen Computer-Visualisierungen. Sie zeigen, wie Bremen um 1300 ausgesehen haben könnte. Sie zeigen auch die Steinkammern.
Und was im Museum virtuell dargestellt wird, hat man nun in sehr guter Erhaltung in echt gefunden. "Hier sehen Sie richtig schöne Sachen", rief Professor Rech gestern beim Gang durch die Baugrube. Dazu gehört auch englische Keramik aus der Zeit um 1200. Rech: "Da sind wir sehr hinterher." Nun hat man einige der seit langem ersehnten Scherben.
Die Steinkammern wurden offenbar unter Einbeziehung oder in Anlehnung an die Stadtmauer gebaut. Man hat mit, man hat an der Mauer gelebt. Spätere Generationen bauten direkt vor und hinter der Mauer, lehnten sich wieder direkt an sie an. Das ist wohl ein Grund dafür, dass die jetzt freigelegten Stücke so gut erhalten sind.
Was die Archäologen besonders freut: Eine der Stadtmauer-Steinkammern wird erhalten bleiben, wird auch sichtbar bleiben. Sie wird, wie es hieß, in das entstehende Hotel integriert.
Auch sonst ist die Baugrube an der Schlachte eine archäologische Fundgrube: Über Generationen sammelten sich Wasserflaschen und Messer an, außerdem Glasringe und Daubenschalenteile, Fensterbesätze und Austern. Und ein Renaissancemedaillon. Dr. Dieter Bischop: "Mit einem Frauenkopf drauf."
Am Sonntag, 14. Dezember, dürfen maximal 25 Personen in festem Schuhwerk die Grube auf eigene Gefahr besichtigen. Treffpunkt: 15 Uhr, Schlachte Nummer 36.

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