Aus dem Achimer Kreisblatt vom 9. Mai 2005:

Überraschung bei Kartuschen-Öffnung
Zahlreiche Original-Dokumente aus dem Jahr 1869 entdeckt / "Von unschätzbarem Wert für die Gemeinde"

THEDINGHAUSEN (ha) . Es knisterte vor Spannung im Thedinghauser Gemeindesaal. Gespannt verfolgten die Anwesenden die Öffnung der Zinkkartusche, die bei den unlängst durchgeführten Bauarbeiten in der Kugel des Kirchturms entdeckt worden war.
Der Zahn der Zeit hatte am Gestänge der Kugel und des Wetterhahns genagt, so dass aus Sicherheitsgründen die Kirchturmspitze im letzten Winter abmontiert wurde.
Nun gingen Archivar Klaus-Dieter Schneider und Küster Heiner Tiekötter bei der Kartuschenöffnung ganz vorsichtig zu Werke. Bloß nichts beschädigen.
Erste Enttäuschung: Es befand sich kein Goldstück in der Kartusche. Das war ansonsten üblich und wurde auch vermutet. Aber auch Schriftstücke von der letzten großen Renovierung der Kirche im Jahre 1957 waren nicht zu finden.
Zum Vorschein kamen schließlich sehr gut erhaltene Schriftstücke aus dem Baujahr der Kirche von 1869. "Das ist ja wie Weihnachten und für unsere Gemeinde von unschätzbarem Wert", sagte Archivar Klaus-Dieter Schneider, als er ein Schriftstück nach dem anderen entrollte. Es waren Notizen über die Chronik der Thedinghauser Kirche. "Die genaue Baugeschichte mit allen Mauergesellen und anderen Handwerksleuten, die allesamt dem Namen nach aus dem Braunschweigischen kamen, analysierte Klaus-Dieter Schneider nach dem ersten flüchtigen Blick.
Alle Anwesenden vermuteten, dass die Kartusche bei den letzten Renovierungsarbeiten gar nicht geöffnet worden ist.
Auf einem anderen entdeckten Schriftstück sind alle Einwohner der verschiedenen Thedinghauser Ortsteile verewigt - beispielsweise eine komplette Auflistung aus der Bürgerei und dem Ortsteil Hagen. Der damalige Kirchenvorstand ist namentlich aufgeführt, der Bauausschuss ist auch aufgeführt.
Bis auf einen kleinen Wasserfleck haben die Schriftstücke die fast 150 Jahre prima überstanden. Beim weiteren Durchblättern wurde auch klar, warum keine Geldstücke in der Kartusche waren. Stattdessen gab es "Statistik". Fein säuberlich fand man aufgeschrieben, dass ein gutes altes Schwein seinerzeit zwischen 25 und 30 Taler gekostet hat und man für ein Pfund Rindfleisch vier gute Groschen zu zahlen hatte.

Öffnung der Kartusche

Küster Heiner Tiekötter (rechts) und Archivar Klaus-Dieter Schneider öffnen vorsichtig die Kartusche, die fast 150 Jahre in der Thedinghauser Kirchturmspitze versteckt war. Zum Vorschein kamen einmalige Dokumente. Foto: Albrecht

Die Schriftstücke werden jetzt von Archivar Klaus-Dieter Schneider genau ausgewertet und sollen dann der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Vorstellbar wäre, so Pastorin Cathrin Schley, eine Veröffentlichung im Gemeindebrief.
Vor der Kartuschenöffnung zeigte Archivar Klaus-Dieter Schneider den Anwesenden einen interessanten Diavortrag mit alten Postkarten und Aufnahmen der Thedinghauser Kirche bis zu dem heutigen Tage.
Ob die vergoldete Kupferkugel und der Wetterhahn wieder nach oben auf die Kirchturmspitze kommen, steht noch nicht fest. "Ist das Holz der Dachkonstruktion so stark angegriffen, dass es Kugel und Wetterhahn nicht mehr halten kann, wird es für die Kirche wohl nicht finanzierbar", so die Pastorin.
Hingegen gibt es bereits einen konkreten Kostenvoranschlag für das Vorhaben über rund 48.000 Euro. Es dürfen aber keine weiteren Mängel festgestellt werden. Pastorin Cathrin SchIey startet deswegen einen Aufruf an die Mitglieder der Kirchengemeinde, für die Kirchturmspitze zu spenden.
Denn von den 48.000 Euro muss die Kirchengemeinde einen großen Teil selbst tragen. 3.000 Euro sind bereits von der Gudewill-Stiftung gekommen, dazu noch einige Privatspenden. Jede Spende ist willkommen und wird später auch für die Nachwelt verewigt.

nach oben

zurück