Aus dem Achimer Kreisblatt vom 16. Juni 2005:

Zweite Heimat in Achim
Geschichtswerkstatt erforscht Aufnahme der Vertriebenen nach dem Krieg
Von Manfred Brodt

ACHIM. Als das nationalsozialistische Deutschland den von ihm angezettelten Zweiten Weltkrieg verloren hatte, folgte weiteres Leid in Form von qualvoller Vertreibung und Flucht. Viele Deutsche verloren ihre Heimat im Osten, kamen bei uns im Westen an. Auch das beschauliche Örtchen Achim veränderte sich so schlagartig.
Neue Häuser und Straßennamen wie Breslauer, Elbinger, Graudenzer, Kolberger oder Bromberger Straße weisen auf das Schicksal der Heimatvertriebenen und die damals neuen Mitbürger hin. Wie von Zeitzeugen berichtet, waren sie noch lange nicht als neue Mitbürger respektiert, sondern wurden in dem sturen und bäuerlichen Achim lange noch als Fremde, jedenfalls nicht als Achimer, betrachtet und behandelt. Ihre Integration ist mit großer Unterstützung dennoch gelungen, und die Vertriebenen, die hier eine neue Heimat fanden, engagierten sich in Vereinen und in der Kommune, veränderten und prägten den Ort mit.
Diesem Kapitel auch Achimer Geschichte gilt jetzt ein ehrenamtliches Forschungsprojekt der Geschichtswerkstatt Achim, insbesondere von Sieglinde Falkenstein und Edith Bielefeid. Andere Vereine wie der Heimatverein, der Bund der Vertriebenen, das Kulturhaus, der Schubertchor, das Mandolinenorchester, der Kleingartenverein oder das Kommunale Kino haben ihre Unterstützung gewährt oder zugesagt.
Edith Bielefeld und Sieglinde Falkenstein haben zum Beispiel Heimatvertriebenen in Achim einen Fragebogen zukommen lassen, in dem sie ihre Herkunftsorte, die Stationen ihrer Vertreibung, das damalige Wetter, das Ankunftsdatum in Achim, die damalige Kleidung, das Essen, die Gesundheit oder die Art der Heizung eintragen können. Sie sollen berichten über die Aufnahme durch die Achimer Bevölkerung, die Hilfe durch Behörden, Kirche und Menschen sowie dann auch ihren weiteren Lebensweg privat und beruflich schildern.
Parallel dazu haben 3000 Schüler aller Achimer Schulen einen Herkunftsbogen erhalten, auf dem sie anonym Alter, Herkunft und Geburtsort ihrer Eltern, Großeltern und Urgroßeltern eintragen können. In den Schulen kann das auch zur Beschäftigung mit diesem Teil der Geschichte und vielleicht der Familiengeschichte beitragen, sagt Sieglinde Falkenstein.
Ziel der Befragung ist, das Achimer Leben vor 60 Jahren speziell unter dem Blickwinkel der ankommenden Heimatvertriebenen zu dokumentieren. Edith Bielefeld und Sieglinde Falkenstein planen dazu neben Vorträgen und Filmen im Oktober eine große Ausstellung vermutlich im Achimer Rathaus und die Herausgabe eines dokumentarischen Buches.
Ein Stück wichtiger Achimer Geschichte wird so vor dem Vergessen bewahrt.

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