Aus dem Achimer Kreisblatt vom 6. November 2003:

Nazi-Spuk begann in Achim recht früh
Die Geschichtswerkstatt präsentierte interessante Fakten und Fotos / "Geschichte nicht wiederholen"
Von Manfred Brodt

ACHIM. Schon lange bevor Hitler an die Macht kam, hatten Nationalsozialisten und Hakenkreuz in der späteren Nazi-Hochburg Achim Einzug gehalten. Eine Aussage der Geschichtswerkstatt- Veranstaltung "Achim im Dritten Reich - der alltägliche Faschismus" am Dienstagabend im Hotel Gieschen.
Was Karlheinz Gerhold, Edith Bielefeld und Marcus Pfeifer an Fakten und Fotos präsentierten, hatte viele interessierte Bürger angelockt.
Geschichtswerkstatt-Chef Karlheinz Gerhold nannte gleich den Grund für derlei Vergangenheitsaufarbeitung: "Nur wer die Geschichte kennt, wird nicht gezwungen, sie zu wiederholen." Für Gerhold ist es besonders erschreckend, wie die NS-Unmenschlichkeit doch in
geregelten Bahnen und ohne nennenswerten Widerstand eingeführt wurde.
In Achim hatte es die NSDAP mit eigener Hakenkreuzfahne bereits 1924 gegeben. Als Hitler 1933 an die Macht kam, fanden große Kundgebungen im Rathauspark, an der Uphuser Mühle, dem HJ-Heim statt, reihten sich die uniformierten Verbände und Vereine sofort ein und hielt man einen Dankgottesdienst in der Kirche ab.
In dem totalen Staat konnte sich keiner ohne Lebensgefahren entziehen. Das Führerprinzip wurde auf alle Bereiche übertragen. So geht aus dem Protokoll der Harmonie Baden zum Beispiel hervor, daß es keinen gewählten Vorsitzenden mit Vorstand mehr gab, sondern nur noch einen Vereinsführer, der seine Mitarbeiter ernennt.

Der Vortrag fand großes Interesse

Fotos, Fakten und Dokumente zu Achim im Dritten Reich fanden großes Interesse.
Photo: Brodt

Die "Harmonie" nahm auch in den letzten schrecklichen Kriegsjahren wieder das Singen auf, "denn mit hängenden Köpfen kann man keinen Krieg gewinnen."
Gegenkraft des uniformierten NS-Pöbels war schon in der Weimarer Republik das Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold gewesen, eine handfeste Organisation demokratischer Kräfte in Parteien, Ge-
werkschaften und Turnerschaft. Das Reichsbanner war es auch, das 1933 im Achimer Odeon-Kino den Anti-Kriegs-Film "Im Westen nichts Neues" zeigen wollte, doch die Hitlerjugend störte die Vorführung. Die Presse, auch das Achimer Kreisblatt, war gleichgeschaltet und bekam ihre Schlagzeilen aus Goebbels Propagandaministerium.
Achim erlebte wie das ganze Reich die Judenverfolgung und - vernichtung, die "Reichskristallnacht" mit Verwüstung der Synagoge und Bereicherung mancher "Volksgenossen" am Eigentum der Juden und war 1945 sogar Stätte eines KZ. In Uphusen war ab Februar 1945 für drei Monate ein Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme, in dem ehemalige Auschwitz-Häftlinge für Bremen im Betonbau schufteten. Mit nahendem Kriegsende zogen die
Häftlinge gen Bergen Belsen.
Schon im Jahr zuvor, 1944, hatten die Alliierten auch in Achim Flugblätter abgeworfen: "Wo ist Hitler? Dein Führer, Dein Reich...." und zur Aufgabe aufgefordert. In Achim wurde jedoch bis zum letzten Blutstropfen gekämpft und in den letzten Kriegstagen noch die Weserbrücke in Uesen in die Luft gesprengt, um die von Thedinghausen kommenden Briten aufzuhalten.

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